Was macht ein über 7,50 m hoher, prächtig verzierter Reisspeicher im Foyer eines Museums und wie ist er 1935 dorthin gekommen? Nun. Das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln ist das einzige städtische ethnologische Museum in Nordrhein-Westfalen und kämpft nun schon seit Jahrzehnten um seine Reputation. Es hat sich immer seiner braunen Kriegs- und Nachkriegsvergangenheit gestellt, wurde im Oktober des NRW-Kulturhauptstadtjahres 2010 neu konzipiert eröffnet und reagiert nun lobenswerterweise auch auf die aktuellen Debatten rund um das koloniale Erbe von ethnologischen Museen. Denn, selbst wenn sich die Präsentation der größtenteils unter ethnologischen Gesichtspunkten gesammelten Ausstellungsstücke längst auf kulturelle und geografische Zusammenhänge ausgerichtet hat und weit weg von einer „Völkerschau“ agiert, um ein transkulturelles demokratisches Forum für Austauschs und Diskussion zu werden, müssen die Methoden und auch die museale Einordnung in eine sich verändernde Welt neu gedacht werden.
Aus diesem Anlass wurde ein so genannter Open Space „Die Baustelle“ - ein Treffpunkt im Museum zum Diskutieren, Nachdenken und Sich-Begegnen – eröffnet, wo Fragen gestellt, Antworten gesucht und die Zukunft des Museums gemeinsam entworfen werden soll. Im Dezember hat dort bereits die Vorsitzende der „Ovaherero Genocide Foundation" in Namibia, Esther Utjiua Muinjangue, unter dem überaus treffenden Titel: „not about us without us!" mit dem Finger auf Deutschlands kolonialen Genozid der Ovaherero und Nama dort von 1904 bis 1908 gezeigt, dessen „Wiedergutmachung“ immer noch ein schwelender Prozess ist. Weil aber „Die Baustelle“ ein kollektives Projekt ist entwickelt sich das Projekt Schritt für Schritt weiter und verändert dabei Aussehen und Form. Das Thema des Jahres ist verbunden mit der nächsten großen Herbstausstellung, „Resist! Die Kunst des Widerstands“, die sich mit kolonialem und postkolonialem Widerstand beschäftigt. Denn obwohl immer intensiver über die Kolonialgeschichte und ihre Auswirkungen gesprochen wird, geschieht dies bis heute selten aus der Perspektive der Kolonisierten. Um das zu verändern, sollte man die Sprechstunde Resist! im neuen Open Space besuchen.
„Meet the Diversity Managers!“ | Do 13.2.18.30 Uhr | Rautenstrauch-Joest-Museum | 0221 22 13 13 01
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