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Gerne als Musiker zu Besuch in Kirchen: Markus Stockhausen
Foto: Hyou Vielz

Das sakrale Klanglabor

04. Juni 2011

Das Trio Lichtblick um Markus Stockhausen weiß bei den Hildener Jazztagen mit seiner Umgebung zu harmonieren – Musik 06/11

Langsam verstummt draußen die Ü30-Rockband am Alten Mark in Hilden, die so treffend zur gemütlichen Vatertags-Altbier-Runde gespielt hat. Gegenüber liegt die Reformationskirche. Und dort, an einer Nebentür, wo sonst die Messdiener ihren demütigen Gang beginnen, tritt nun das Trio Lichtblick um seinen Bandleader und Klangexperimentator Markus Stockhausen hinaus. Die Altarskerze thront zwischen Stockhausen und Angelo Comisso, dessen Flügel mehr als die Hälfte des heiligen Halbrunds einnimmt. Drummer Christian Thomé ist kaum zu sehen, wenn er Platz nimmt. Musikalisch wird dies aber nicht ins Gewicht fallen.

Stockhausens Affinität zu Konzerten in Kirchen ist bekannt. Im Februar 2000 hat er in Köln die Reihe „Klangvisionen“ ins Leben gerufen. Bereits dort diente ihm die besondere Architektur der St. Maternus Kirche auch als zusätzliches Soundlabor, in dem die komponierten Noten neue Klangeigenschaften entwickeln und so alternative Variationen der eingespielten Stücke erlauben.

Dies wird im ersten Lied „Es war einmal“ vernehmbar. Bei Stockhausen sollen nach den Gästen auch die Töne ihren Platz nehmen. Er tastet sich mit seinem Spiel an das Gebäude ran, langsam setzen sich die Trompetenklänge im Raum und schallen bis unter die gewölbten Decken nach. Dieser Effekt wird von ihm durch Rückkoppelungen aus dem Synthisizer verstärkt. Daraufhin steigt Angelo Comisso mit einer zurückhaltenden Begleitung ein, bevor Christian Thomé Tempo und Lautstärke forciert. Das Ergebnis erinnert an einen Schneeballeffekt. Zum Schluss blähen sich die zunächst märchenhaft verträumten Klänge so auf, dass sogar die luftige Kirche erdrückend wirkt.

Bei diesen im Laufe des Abends wiederkehrenden Parforceritten liegt die Kunst darin, jedem Instrument seinen Resonanzraum zu lassen. Kann dieser nicht abgesteckt werden, verharren die Töne in einem grobstimmigen Brei, der die Musiker weniger harmonieren, als konkurrieren lässt. Dem Trio Lichtblick gelingt es aber, solche Kraftakte nicht ihrer Wirkung zu berauben, sondern sie pointiert als Höhepunkte einer emotionalen wie musikalischen Reise zu setzten. Ein weiteres Beispiel für diese kompositorische Finesse ist das Stück „Wanderungen“. Nicht allein der Titel verweist hier auf eine Nähe zur Romantik, der Aufbau des Liedes erinnert ebenso an die emotionalen Berg- und Talfahrten einer Schumann-Symphonie. Auch ein Kirchenlied kriegt sein Heimspiel, ein bis zur Unkenntlichkeit verfremdetes „Vater unser“. Angelo Comisso hat hier ein außergewöhnliches Solo. Seinen flink gespielten Tonleitern merkt man die Abstammung von den Orgelpassagen sofort an, und dennoch sind sie inmitten der Variationen eine originelle Gradwanderung zwischen Jazz und Klassik.

Das Sonderkonzert des Trios Lichtblick im Rahmen der Hildener Jazztage ist sicherlich keine pure Unterhaltung. Man muss sich für die stilleren, kontemplativen Seiten ihrer Stücke öffnen, bevor das crescendoartige Erlösungsmoment kommt. Doch derartige sakrale Experimentierstunden haben etwas für sich. Ebenso wie die gemütlichen Rocker am Alten Markt in Hilden.

16. Hildener Jazztage I 31.5.-6.6. I Diverse Orte in Hilden
0211 - 27 40 00 I www.hildener-jazztage.de

Dawid Kasprowicz

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