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„Faltungen“, © Daniela Baumann
Foto: Thomas Dahl

Schwarze Funken über Zündorf

15. September 2022

Daniela Baumann im Wehrturm – Kunst 09/22

Selbstverständlich ist Schwarz eine Farbe! Ihre blau-grau-braun-roten Facetten kreisen in Daniela Baumanns aktueller Ausstellung „up and down“ als schimmernde, mitunter funkensprühende Rabenschwingen durch die neun Ebenen des Zündorfer Wehrturms. In Grafiken, Objekten und Malereien tunkt die  Künstlerin das herausfordernde Weiß der terrae incognitae in Kaskaden aus Tusche und hinterlässt vehemente Spuren auf bisher unbetretenen Territorien.

Dabei zeigt die Solingerin Mut zur Größe, etwa bei einer rund 19 Meter Länge umfassenden Malerei auf Stoff, die sich vom Dach bis zum Boden erhebt (oder stürzt). Die Bewegung ist dem Betrachter überlassen. Wie der stete Kontrast zwischen Hell und Dunkel verhält es sich mit den „körperlichen“ Beziehungen der Bildnisse: Nähern sie sich oder streben sie voneinander fort? Die Antwort darauf ist obsolet, denn die Kunst will nicht eindeutig sein.

In der Abstraktion der Werke formen sich Gestalten, werden menschlich, transformieren im nächsten Moment zu Insekten, Mikroben – je nach Blick und Denkrichtung. Baumanns Objekte gleichen dagegen dreidimensionalen Stillleben, so die schwarz getauften Buch-Rondelle, die ihre Prosa oder Lyrik nur noch fragmentarisch preisgeben und zur individuellen Syntax-Gestaltung auffordern. Wie eine Tora erscheinen die Papier-Rollen auf halbem Weg zur Spitze der Stätte. Die verborgenen Windungen der Tusche-Feder kreieren dabei eine sakrale Atmosphäre, die zum Innehalten auffordert.

Wie überdimensionale Teebeutel wirken weitere Kreationen, die auf Bügeln sorgsam aneinandergereiht ihren dunklen Saft als stille Nährflüssigkeit zur Erde tropfen lassen. Tatsächlich scheinen die Exponate über ihre Rahmen hinaus Verbindungen einzugehen, sich mittels kryptischer Botschaften auszutauschen und fruchtbare biologische oder geistige Genesen hervorzurufen.

Graphische Wiederholungen unterstreichen ein Narrativ über die Homogenität des Lebens, das tropft, fließt, bald stürmt, sich gewaltig erhebt, wieder leiser wogt und auch im Wasser stetig neue Funken schlägt. Zurück im Kreis, aus dem niemand fällt, findet sich der Mensch schließlich am Ende seiner Reise am höchsten Punkt des mittelalterlichen Baus und schaut ins Zentrum eines ewigen Endens wie Beginnens.      

up and down | bis 2.10. |  Zündorfer Wehrturm  | www.zuendorfer-wehrturm.de/daniela-baumann

Thomas Dahl

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