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Daheim, drinnen und draußen

26. Juni 2014

August Sander in der Photographischen Sammlung der SK Stiftung Kultur – kunst & gut 07/14

Es ist erstaunlich, in was für unterschiedlichen Bereichen August Sander (1876-1964) als Fotograf erfolgreich war. Allein schon sein Hauptwerk, die Mappe „Menschen des 20. Jahrhunderts“, welche die verschiedenen Berufsstände und Bevölkerungsschichten sachlich porträtiert, beeindruckt mit feinen Details und einer formalen Präzision. Und seine berühmten Fotografien der Rheinlandschaft bestätigen noch, wie sorgfältig Sander den Standpunkt der Aufnahme zu wählen wusste und auf den Überblick bedacht war. Dass er seine stilbildenden Verfahren bereits als junger Mann entwickelt hat und diese auch bei der Auftrags- und Sachfotografie anwendete, das zeigt jetzt die Ausstellung in der Photographischen Sammlung der SK Stiftung Kultur. Sie umfasst fünf Jahrzehnte, stellt etliche von Sanders bekannten Fotografien in ihrem jeweiligen Zusammenhang vor und berücksichtigt auch die weniger bekannten Gattungen. Hintergrund ist sein 50. Todestag. Hinzu kommt, dass sich hier das August Sander Archiv befindet, welches die SK Stiftung Kultur 1992 erworben hat. Auch den Umfang dieses Archivs verdeutlicht jetzt die aktuelle Ausstellung, indem sie Teile des Kölner Wohnhauses rekonstruiert und die dortige Arbeitssituation vor Augen führt.

Dabei hatte August Sander nur mit Glück sein Archiv im Krieg retten können, indem er es Stück für Stück von Köln abzog. Sander, der aus dem Westerwald stammte, als Fotograf zunächst in Linz an der Donau tätig war, ehe er 1910 mit seiner Familie nach Köln übersiedelte, ließ sich während des Zweiten Weltkriegs im Dorf Kuchhausen/Westerwald nieder, wo er bis zu seinem Tod lebte. Zur Fotografie war er über einen Onkel gekommen, der ihm eine Kamera schenkte; das war 1892. Aus dem gleichen Jahr sind Fotos vorhanden, welche die Mitglieder der Familie zusammen oder als einzelne zeigen, aufgenommen im Wohnzimmer. Sie bilden nun den Auftakt der Ausstellung und belegen, wie sehr Sander in einer Zeit, in der jedes Foto ein besonderer Aufwand war, bemüht war, die Menschen charakteristisch abzulichten, dazu ins Zentrum rückte und niemanden vergaß – später wurde dies sein Konzept, mit dem er ein umfassendes Bild der Gesellschaft liefern wollte, mit Politikern ebenso wie mit Handwerkern und mit Landstreichern. Sander lag daran, die individuelle Erscheinung mit einer allgemeingültigen Aussage zusammenzubringen. Er fotografierte die Menschen in ihrer Umgebung und in ihrer Berufskleidung, etwa den Konditor von 1928 oder die berühmten Boxer 1929. Was spielt da alles mit: der Blick, die Haltung des Körpers, schon des Kopfes und ob der Porträtierte steht oder sitzt – es scheint, dass Sander für alles die beste, aussagekräftigste Lösung gefunden hat. Und er archivierte seine Fotografien in Gruppen und Mappen; seine Systematik erlaubte ihm, bestimmte Aufnahmen in verschiedene Kategorien einzuordnen. Daraus entwickelte er Typologien, mit denen er noch vor dem Zweiten Weltkrieg hoch geachtet wurde und bis heute als Pionier berühmt ist.

Es ist das Verdienst der Ausstellung, dass sie herausarbeitet, dass Sander dabei gerade keiner starren Schematik verfallen ist. Das belegen etwa die verschiedenen Ansichten des Kölner Allianz-Gebäudes von 1933, bei dem Sander mit Fluchtpunkten arbeitete und Außen und Innen mit Einfallsreichtum fokussierte – dabei war das lediglich eine Auftragsarbeit. Ausgestellt sind auch die Ansichten der Stadt Köln, die eine enorme atmosphärische Dichte besitzen; auch sie hat Sander unter verschiedenen Kriterien sortiert. Die Landschaft wird genauso auf das Charakteristische hin fotografiert wie etwa die Freunde der „Gruppe Progressiver Künstler“. Daneben entstehen auch Aufnahmen von Gläsern oder Maschinen. Seine exakte Fotografie schließt nichts aus, dies gehört zum Prinzip des Umfassenden. Es gibt sehr viel zu sehen in dieser Ausstellung – und über die Qualitäten der Fotografie zu erfahren.

„August Sander – Meisterwerke und Entdeckungen“ | bis 31.8. | Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur | 0221 888 95 300

THOMAS HIRSCH

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