Harte Konkurrenz für alles im Juni, gegen die WM kommt man kaum an. Unique Selling Points sammelt man aber, wenn man sich möglichst weit von Massenveranstaltung und Partystimmung entfernt. Das dürfte den Initiatoren der Veranstaltungsreihe reihe M mit „Death of Rave Night“ bestens gelungen sein: Frei nach den Einstürzenden Neubauten werden unter dem Motto „Tanz mit Schmerzen“ der Amerikaner Vatican Shadow mit pulsierenden Rave-Drones, der Rheinländer Senking mit knorpeligem Dubstep, Helm mit Noise-Collagen und das Kölner Duo Titanoboa (Lena Wilikens & Melanie Wratil) so lange an den Knöpfchen drehen, bis es weh tut. Gut, Ohrensausen kriegt man auch mit einer Vuvuzela hin… (1.6., 21 Uhr, Stadtgarten). Die Großtante von Flying Lotus war Alice Coltrane. Insofern ist das Gemisch des Elektronikproduzenten nicht ganz so verwunderlich: Hip Hop, Funk, Jazz, Psychedelic und elektronische Tanzmusik treffen sich in seinen Maschinen. Mit seinem letzten Album „Until the Quiet Comes“ hat er auch seine Ader für kosmische Entspanntheit entdeckt. Ansonsten neigt er auch gerne zu Grooves im Quadrat und stolpernden Synkopen. Live gibt’s dazu umwerfende Visuals, die wie die Musik den Raum aufzubrechen scheinen (2.6., 20 Uhr, Live Music Hall).
Raumforscher waren auch Chrome. Das Duo Helios Creed und Damon Edge hat in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in der Parallelwelt zwischen Spacerock und New Wave ein paar großartig verspulte Platten mit experimentellem Rock aufgenommen. Nach Helios Creeds Ausstieg führte Damon Edge das Projekt in den 80ern in die Bedeutungslosigkeit. Kurz vor Edges Tod gab es Reunionspläne, die nicht mehr verwirklicht werden konnten. Jetzt tourt Creed wieder als Chrome, mit neuer Band und neuer Platte im Gepäck. Altes Material wird sicher auch gespielt (4.6., 20 Uhr, Underground). Dieter Meier hatte schon eine kleine Karriere als Konzeptkünstler hinter sich, als er Ende der 70er Jahre Yello gründete. 35 Jahre später veröffentlicht der auch als Geschäftsmann erfolgreiche Schweizer sein erstes Soloalbum. Hier verfolgt er die weltmusikalischen Ansätze des Elektronikduos weiter, gönnt sich aber noch mehr Albernheiten als mit seiner Band, wie die schunkelige Single „Buffoon“ zeigt (6.6., 20 Uhr, Gloria).
Melt Banana sind seit 20 Jahren eine Institution in Noiserock-Kreisen. Ordentliches Geknüppel von Gitarrist Agata und Bassistin Rinka mm trifft auf fiepsende Elektronik und das Quietschgeschrei von Sängerin Yasuko Onuki. Im Vergleich zu früheren Jahren klingt das alles aber fast schon schön tönend. Die Koblenzer Noiserocker Nicoffeine gibt es fast ebenso lange – sie spielen als Support (7.6., 20.30 Uhr, Gebäude 9). Am 10. Juli startet die Musikdoku „Mistaken for Strangers“ in den deutschen Kinos. In dem psychologischen Geschwisterporträt begleitet Tom die Band seines Bruders Matt – The National – auf Tour. Kurz vor dem WM-Anpfiff kann man den Indie-Rock von The National schon mal live erleben (11.6., 18.45 Uhr, Tanzbrunnen). Die Kooperation zwischen King Georg und Museum Ludwig startet in diesem Jahr mit Chain & the Gang. Ian Svenonius' philosophischer Leitfaden „22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband“, der in Séancen mit toten Rockhelden geschrieben wurde, ist gerade auf Deutsch im Metrolit Verlag erschienen. Auf dem Museumsdach kann Svenious alias Chain und ehemals The Make Up seine Hit- und vor allem seine Entertainerqualitäten unter Beweis stellen. Es wird ihm mit seinem an Gospel geschulten Call-and-Response-Spielen ein Leichtes sein, das Publikum um den Finger zu wickeln (22.6., 16 Uhr, Dachterrasse des Museum Ludwig).
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