Jeffrey Lewis hält die Fahne des Anti-Folk hoch: Der Comiczeichner und Musiker, der dem Kern der Szene um The Moldy Peaches mit Adam Green und Kimya Dawson entstammt, macht nach wie vor schrammeligen Akustik-Folk mit lustigen, surrealen Texten (7.8., 21 Uhr, King Georg). Das ist mal eine Biografie: Musikautodidakt, der im Schulorchester spielt und anfängt zu komponieren, als Teenie John Cage kennenlernt, dann einige Bands gründet, 1977 ein nicht beachtetes Album veröffentlicht, das heute schwer gesucht ist, dann Lounge Jazz- und Sessionmusiker wird und seit gut zehn Jahren wieder eigene Musik veröffentlicht. Mit seinem smoothen Weird-Pop könnte Gary Wilson der Vater von Ariel Pink sein (8.8., 21 Uhr, King Georg). Das Indie-Wunderkind Conor Oberst, Sänger von Bright Eyes und inzwischen unter seinem Namen unterwegs, veröffentlichte im Frühling sein neues Album „Upside Down Mountain“ mit gefühlvollem Indie-Pop. Bei seiner Deutschlandtour macht er auch in Köln Halt (17.8., 20 Uhr, Gloria).
Ganz klar im Mittelpunkt des Konzertmonats August steht die diesjährige Ausgabe der c/o pop. An zwölf hauptsächlich im Gebiet der Innenstadt gelegenen Orten spielen an den fünf Festivaltagen vom 20. bis 24. August bislang 30 bestätigte Acts. Die Bandbreite im Elektroniksektor ist auch bei der elften Ausgabe des Festival groß: Neben dem ruhig-knisternden Post-Dubstep von Mount Kimbie oder der verraucht-benebelten Dub-Electronica von Gonjasufi stehender voll-auf-die-Zwölfe Glitch-Hop bzw. Brostep von The Glitch Mob oder Cashmere Cat mit seinem verdrehten Wonky-Sound. Und auch Kele Okereke, ehemaliger Sänger der Rockband Bloc Party, der verlauten ließ, dass ihn Rockmusik inzwischen langweile, kommt als Soloarstist mit elektronisch produzierter Musik. Auf der anderen Seite agieren die Briten Elbow mit ihrem emotionalen Indie-Rock quasi als Headliner des Festivals. Und auch der orchestrale Breitwand-Pop von Get Well Soon, der dramatische Indie Rock von Vierkanttretlager nicht der Hamburger, sondern der Husumer Schule, die neue deutsche Kantigkeit von Trümmer und die alte deutsche Kantigkeit von Ton Steine Scherben, die mit drei Originalmitgliedern das erste Mal seit 1985 auftreten, stehen bei der c/o pop auf der Bühne. Rio Reisers Gesang wird man missen müssen, klar, aber zusammen mit jungen Musikern hat sich die Band eh gegen eine sentimentale Reise entschieden. Es wird neben der musikalischen Vielfalt noch ein weiteres Zeichen gesetzt: Wie in den letzten Jahren gibt es das Festivalplakat in zwei Versionen – mit männlichem und weiblichem Model. Die c/o pop ist kein Jungsding – weder in Bezug aufs Publikum, noch auf die Acts. Das zeigen die vielen Musikerinnen, die auftreten: Die Girlgroup Warpaint erinnert mit ihrem tribalistischen Pop entfernt an Post-Punk Bands wie die Raincoats oder The Slits. Der R’n‘B wird vertreten von Kelis, und Agnes Obel tritt mit ihrem kammermusikalischen Pop stilgerecht in der Philharmonie auf (20.-24.8., div. Orte)
Einen großen Paukenschlag gibt es im August noch jenseits der c/o pop. Die Frage ist nur: Ist das jetzt Sentimentalität? Oder eine Geldbeschaffungsmaßnahme? Oder ist das einfach okay so, dass Blumfeld jetzt, zum 20-jährigen Jubiläum ihres zweiten Albums in Originalbesetzung „L'état et moi“ komplett live auf die Bühne bringen? Vielleicht von allem etwas, und eben auch Letzteres: Einfach okay so! Schließlich hat die Platte und die Band unheimlich viele Menschen beeinflusst (27.8., 20 Uhr, Live Music Hall).
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