Ein Ton genügt, um von Blick Bassy’s rauer und sogleich weicher Stimme in den Bann gezogen zu werden. Dass er auf Bassa, eine der 260 im Kamerun gesprochenen Sprachen, singt und nicht auf Englisch oder Französisch, die nach Kolonialzeiten die Amtssprachen des Landes wurden, war eine bewusste Entscheidung. Wer nun glaubt, die Songs des Kameruners weniger verstehen zu können, irrt sich. Die Muttersprache scheint ihm die Melodien direkt aus dem Herzen zu locken und kreiert eine Intimität zwischen Zuhörer und Sänger, die keine Übersetzung erreichen könnte. Vereinzelte englischsprachige Einwürfe fordern auf, die Inhalte der Lieder zu erahnen und zu hinterfragen.
Kompositorisch setzt er auf eine ausgefallene Instrumentierung, die auf kein Genre eindeutig schließen lässt. Gitarre, Banjo, Cello, Posaune und Kora, eine Art Harfe Westafrikas, schmiegen sich mal sanft an die warme Stimme des Kameruners, mal agieren sie kontrastierend. Die Natürlichkeit und Rohheit des Klangs sind der besondere Charme von Blick Bassy. Kein Instrument versteckt sich hinter dem anderen, sondern tritt in seiner individuellen Klangfarbe und Ungeschliffenheit hervor. Die Wahl eines klassischen Konzertraums, in dem jede Nuance zu hören ist, verstärkt diesen Effekt. Kein Hauchen oder Kratzen soll dem Zuhörer entgehen. Vielleicht liegt es an seinem Umzug nach Frankreich, der ihn seine Beziehung zum Kamerun neu bewerten ließ, dass er sich selbst als Weltbürger bezeichnet. Auch seine Kompositionen sind eine Symbiose verschiedener Kulturen. Sie verknüpfen die Liedtraditionen des Kamerun mit afro-amerikanischen Rhythmen und Begleitschemen aus Ragtime, Blues und Gypsy-Swing – eine Verbindung, die ihresgleichen sucht. Die eingängigen, aber raffinierten Melodien bleiben im Kopf.
Wie leicht seine Stücke auch auf die Gemüter fallen mögen, so viel Gewicht hat seine Botschaft. Blick Bassy hat es sich zum persönlichen Auftrag gemacht, westafrikanische Tradition und Moderne miteinander zu versöhnen und die afrikanische Gesellschaft in einen Dialog mit der westlichen Welt zu stellen. Ein Bestreben, das ihm zumindest musikalisch gelingt.
Blick Bassy | Sa 22.12. 20 Uhr | Philharmonie Köln | 0221 280 280
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Orchester der Stardirigenten
London Symphony Orchestra in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 04/24
Blickwechsel in der Musikgeschichte
Drei Spezialisten der Alten Musik in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 03/24
Abenteuerliche Installation
„Die Soldaten“ in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 01/24
„Herrliche Resonantz“
Avi Avital in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 12/23
Musik aus drei Jahrhunderten
Quatuor Modigliani in der Philharmonie Köln – Klassik am Rhein 11/23
Blut und Tränen
„Lessons in Love and Violence“ in NRW – Klassik an der Ruhr 04/23
Alter Hase von jungen Jahren
Jan Lisiecki besucht die Rheinmetropolen – Klassik am Rhein 01/23
Grandioser Auftakt
„Shut Up and Play the Piano“ in der Philharmonie – Foyer 07/18
Fröhliche Apokalypse
Wütender Rap, fröhlicher Krach und viele Neuentdeckungen – Unterhaltungsmusik 01/18
Es gibt noch Restkarten
Der Konzertboom nimmt kein Ende – Unterhaltungsmusik 12/17
Oper ohne Regisseur
Der Stardirigent Riccardo Muti interpretiert Verdi – Klassik am Rhein 11/17
Thank God it‘s Weekend
Tolle Konzerte entschädigen für das Ende des Sommers – Unterhaltungsmusik 10/17
Befreiung durch Verwandlung
Laura Totenhagen im Stadtgarten – Musik 11/24
Zurück zur Straßenmusik
Dan & Dota in der Kantine – Musik 11/24
Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24
Endlich Wochenende
13. Week-End Fest im Stadtgarten – Musik 10/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Helios 37 – Musik 10/24
Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24
Eine Party für die Traurigen
Romie in der Maulvoll Weinbar – Musik 09/24
Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24
Kein Bock auf Sitzkonzert
Mdou Moctar im Gebäude 9 – Musik 08/24
Sommerloch? Nicht ganz ...
Volle Packung Drum‘n‘Bass, Indie, Tuareg-Blues und Black Metal – Unterhaltungsmusik 08/24
Fette Beats im Wohngebiet
Green Juice Festival 2024 in Bonn – Musik 07/24
Vielfalt, Frieden und Respekt
3. Ausgabe von Shalom-Musik.Koeln – Musik 07/24
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Köln und Bochum – Musik 07/24