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Zoten, Fantasy und ein „Fair Sir“

31. Oktober 2013

Bunt gemischtes Musical-Potpourri – Musical in NRW 11/13

Das lässt sich Walter Bockmayer nun schon seit Jahren nicht nehmen: die Kölner Karnevalssaison schon vor dem offiziellen Termin zu eröffnen. So darf im „Scala“-Theater schon seit dem 26.9. geschunkelt und mitgesungen werden, was Hüften und Kehle hergeben. Diesmal zu Songs von u.a. Bläck Fööss, Die Räuber, Kylie Minogue, Brings und der Kölner Fastelovend-Legende Marie-Luise Nikuta, der „Wally“ seiner DOMödie „Wie Fott Jeblose“ (hochdeutsch: „vom Winde verweht“) gewidmet hat. Die Songs und das spielfreudige Ensemble treiben die dünne Handlung um den unter dem Dom gelegenen Waschsalon von Minetta Ärschvillping (Gigi Herr) voran, den die vorbeifahrende U-Bahn genauso erschüttert, wie der kölsche Klüngel Salon-Personal und Kunden durcheinanderwirbelt. Mal herrlich politisch-unkorrekt, mal unter der Gürtellinie, so dass selbst das Ensemble vor lauter Fremdschämen die zotigen Texte zu extemporieren beginnt. Leider fehlt der Inszenierung eine straffe Regie-Hand, die Schauspieler und Timing an die Kandare nimmt, so dass sich im Laufe des Geschehens immer mehr Leerlauf einstellt, der vom enthusiastischen Publikum aber tapfer weggeschunkelt wird.

Uneingeschränktes Vergnügen bietet wieder das TIC-Theater im bergischen Wuppertal-Cronenberg. Auch dort darf mitgetanzt werden, zum legendären „Lambeth Walk“, den auf You Tube sogar der Führer tanzt. In dem 1937 geschriebenen Musical „Me and my Girl“, das erst nach seiner Wiederentdeckung im Jahr 1985 seinen Siegeszug um die Welt antrat, bringt der waschechte Cockney-Boy Bill den Tanz der High Society Londons bei, der er durch eine unverhoffte Erbschaft über Nacht angehört. Wenn man bei „Me and my Girl“ genau hinsieht und -hört, weiß man, wo Lerner und Loewe ihre Ideen zu „My fair Lady“ herhaben. Regisseur Ralf Budde spielt wunderbar ironisch mit diesem Déjà-vu, treibt sein engagiertes Laienensemble zu Höchstleistungen, die so manchen Musical-Profi vor Neid erblassen lassen können. Da einem die eingängigen Melodien von Noel Gay einfach nicht aus dem Kopf gehen wollen, tanzt man beschwingt im „Lambeth Walk“ nach Hause.

Ein Welterfolg – zumindest als Buch und Film – sind auch „Die Chroniken von Narnia“, die jetzt als deutsche Musical-Erstaufführung das Junge Theater Bonn auf die Bühne bringt. Besetzt mit Profis aus dem hauseigenen Ensemble und in Schulen gecasteten Kindern und Jugendlichen entführen sie ihre junge Zielgruppe buchstäblich durch einen Schrank in die magische Welt von Narnia, wo die vier jugendlichen Helden mit Hilfe des guten Löwen Aslan das Land von der bösen Hexe Jadis befreien. Die an irische Folkmusic erinnernden Kompositionen von Shaun Davey sind zwar allzu spärlich und nicht gerade ohrwurmverdächtig in die Handlung eingebaut, aber das von Regisseur Lajos Wenzel präzise geführte Ensemble macht das mit seiner Sanges- und Spielfreude wieder wett. Als Einstieg in die Welt des Musicals ist „Die Chroniken von Narnia“ genau das Richtige für Kinder ab 8 Jahren – was nicht heißt, dass auch ältere Musical-Fans ihren Spaß an dieser kleinen, aber feinen Produktion haben werden.

www.scala-koeln.de I www.tic-theater.de I www.jt-bonn.de

Rolf-Ruediger Hamacher

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