„Willst du noch Nerd sein?“ fragt Yonus seinen Klassenkameraden Philipp. Der antwortet trocken: „Nö!“ Yonus ist verzückt: „Geil, dann bin ich jetzt Nerd.“ Yonus und Philipp sind Schüler der Klasse 7c am Albertus Magnus Gymnasium (AMG) in Neu-Ehrenfeld. Theaterspielen ist für die beiden fester Bestandteil ihres Stundenplans. Sie sind Schüler der Theater- und Medienklasse (TMK) am AMG. Derzeit proben sie zwei Unterrichtsstunden in der Woche mit der Schauspielerin und Regisseurin Myriam Chebabi „Und dann gab’s keines mehr“ von Agatha Christie – dem wohl meistverkauften Krimi der Welt.
Die TMK startete als Modellprojekt im Schuljahr 2000/01. Heute gehört sie zum unverwechselbaren Profil des AMG. In jeder Jahrgangsstufe erhält eine von vier Klassen zusätzlich zum regulären Unterricht eine theater- und medienspezifische Ausbildung. „Die Klasse bekommt in unterschiedlicher Gewichtung Unterricht im Bereich Theater und klassische Medien wie Film und Fotografie“, erklärt Rainer Daub, Koordinator der Theater- und Medienklassen am AMG. Im fünften und sechsten Schuljahr stehen vor allem Improvisationsübungen und spezielle Übungen zu Rhythmus und Bewegung, Stimmbildung und Maskentheater im Mittelpunkt. „Darüber hinaus werden auch Medienkompetenz in den Bereichen Video, Film und Dokumentation vermittelt“, erläutert Daub das Konzept. Ab der siebten Klasse wird differenziert. Die Schüler können dann selbst zwischen Theater-, Tanz- und Filmkursen wählen. Ergänzt werden die Genres durch die Bereiche Medien und Technik. „So haben die Schüler die Möglichkeit, sich ihre Theater-Medienausbildung individuell zusammenzustellen“, sagt Daub. Ab der siebten Klasse werden die Stücke auch oft selbst erarbeitet, so wie in Chebabis Kurs. Gemeinsam bearbeitet sie den improvisierten Text für den Einstieg in die Dramatisierung von Agatha Christies Roman. Für Regisseurin Chebabi ist die Arbeit große Freude und Herausforderung zugleich, denn mit einer Klasse zu arbeiten bringt auch Schwierigkeiten: „In der Klasse sind die Rollen schon klar verteilt. Die jeweilige soziale Rolle eines Schülers verhindert manchmal, dass sich der Schauspieler öffnet, sich verletzlich zeigt.“ Ab der Oberstufe orientiert sich das Angebot stark an den Interessen der Schüler. Sonderprojekte fördern verstärkt das selbstständige Arbeiten. Wie bei der Filmfahrt, wo die Schüler über eine Woche einen Kurzfilm drehen, den sie selbst konzipiert und geschrieben haben. Ausgestattet ist die TMK mit einer eigenen Probebühne. Der Raum im Keller enthält, was eine Probebühne braucht. Scheinwerfer hängen an Traversen, es gibt ein Lichtpult und eine Tonanlage. Zwei weitere Räume enthalten den Fundus. Ein weiterer Proberaum wird mit den Musikern der Schule geteilt. Gesondert gefördert wird die TMK nicht, nur die halbe Stelle von Koordinator Daub wird vom Bildungsministerium in Düsseldorf bezahlt. Alles Weitere wird finanziert aus Mitteln für den gebundenen Ganztag und den Elternbeiträgen von 40 Euro im Monat. „Nur so können wir die Arbeit mit Profis von außerhalb der Schule bezahlen“, sagt Daub. Auch Nerd zu sein hat eben seinen Preis.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Demokratie leben
„Berlin Rebel Highschool“ in der Filmpalette – Foyer 05/17
Von Schulmeistern und Leerkörpern
Die Institution Schule reagiert behäbig auf sich wandelnde Erfordernisse – THEMA 03/14 WOZU SCHULE
„Es geht in erster Linie um Persönlichkeitsentwicklung“
Tasja Frenzel über die Vorteile eines Auslandsaufenthaltes für SchülerInnen – Thema 03/14 Wozu Schule
Hört das Signal
Intro – Gesund und munter
So ein Pech
Teil 1: Leitartikel – Opfer von Behandlungsfehlern werden alleine gelassen
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 1: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
Gesundheit ist Patientensache
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Heimat statt Pflegeheim
Teil 2: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 2: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Gemeinsam statt einsam
Teil 2: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum
Privatvergnügen
Teil 3: Leitartikel – Die Zweiklassenmedizin diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 3: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin
Verbunden für die Gesundheit
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Selbsthilfe-Kontaktstelle unterstützt Bürgerengagement
Senioren und Studenten müssen warten
Das Wohnprojekt Humanitas Deventer verbindet Generationen – Europa-Vorbild: Niederlande
Wenn der Shareholder das Skalpell schwingt
… und der Patient zur Cashcow wird – Glosse
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
Bloß der Wille fehlt
Teil 1: Leitartikel – Die Politik zulasten der Ärmsten gefährdet den sozialen Frieden
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 1: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
Jetzt erst recht
Teil 1: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
Peitsche namens KI
Teil 2: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„KI streikt nicht“
Teil 2: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
Armut wählen
Teil 3: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 3: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
Als Bürger wahrgenommen werden
Teil 3: Lokale Initiativen – Lernbehinderte in der KoKoBe erheben ihre politische Stimme.