Im europäischen Vergleich leiden die Briten überproportional an Übergewicht. Laut einer Studie des WHO sind 2019 zwei Drittel aller Briten adipös. Vor allem betroffen scheinen sozial schwache Haushalte und Kinder im Grundschulalter zu sein. Schätzungsweise sind ein Drittel aller Kinder im Grundschulalter adipös. Experten vermuten, dass sich die Zahlen und somit der Gesundheitszustand vieler Menschen durch die Pandemie weiter verschlimmert haben.
Ein Resultat des extremen Übergewichts sind hohe Kosten für das staatliche Gesundheitssystem, dem britischen Gesundheitsdienst NHS. Deren Statistik 2019 zu Folge lassen sich 22.800 Krebs-Fälle jährlich auf zu hohes Gewicht zurückführen. Ebenso gehen immer mehr Herz-Kreislauf- und Diabetes-Erkrankungen auf Übergewicht zurück. Bei Kindern treten deutlich früher und öfter Zahnprobleme auf. Unverhältnismäßig viele Jugendliche unter 14 Jahren benötigen mittlerweile Zahnprothesen. Diese gesundheitlichen Probleme kosten den Gesundheitsdienst umgerechnet 7,2 Milliarden Euro im Jahr.
Die Zusammenhänge zwischen Übergewicht und gesundheitlichen Beschwerden sind lange bekannt. Viele Experten, Ärzte und Verbände wie die „Obesity Health Alliance“ setzen sich seit Jahren für Aufklärung und Maßnahmen zur Bekämpfung des Übergewichts ein. Kennzeichnungspflicht und Werbeverbote sollen helfen.
2020 veröffentlichte die Regierung den Maßnahmenkatalog „Strategie zur Bekämpfung des Übergewichts“, der eine landesweite Aufklärungskampagne beschreibt aber vor allem Gesetzesentwürfe beinhaltet. Gefordert wurden ein Werbeverbot für Junk-Food und Süßigkeiten sowie eine Kennzeichnungspflicht von Kalorien auf Speisekarten in Restaurants – wie bereits in Supermärkten üblich. Diese Maßnahmen gelten ergänzend zur bereits 2018 eingeführten Zuckersteuer auf Süßgetränke. Durch die Besteuerung von Softdrinks mit einem Zuckergehalt von über 5g/100ml änderten einige Getränkehersteller ihre Rezeptur und verringerten die Menge von Zucker in ihren Getränken.
Die Kennzeichnungspflicht auf Speisekarten ist bereits April 2022 in Kraft getreten. Betroffen sind Großrestaurants und Restaurantketten mit über 250 Beschäftigten. Der Vermerk servierter Kalorien auf der Speisekarte soll laut Regierung zu „informierten, gesunden Entscheidungen verhelfen“. Weiter hofft die Regierung, dass es die Restaurants ermutigt kalorienärmere Speisen anzubieten.
Während die Kennzeichnungspflicht bereits erfolgreich etabliert wurde, konnte das Werbeverbot noch nicht umgesetzt werden. Der Gesetzesentwurf sieht ein Werbeverbot bis täglich 21 Uhr vor für Nahrungsmittel, die zu viel Zucker, Salz oder Fett enthalten. Es konnte sich noch nicht auf ein klares Vorgehen zur Umsetzung dieses Verbots geeinigt werden, da dieses auch für Online-Werbung jeglicher Art gelten soll.
Auch wenn der aktuelle Maßnahmenkatalog nicht vollständig realisiert wurde, zeigen die eingeführten Gesetze, dass die englische Regierung die Bekämpfung der Adipositas als dringendes Thema wahrnimmt und den gesundheitlichen Problemen entgegenwirken möchte.
NIMMER SATT - Aktiv im Thema
foodwatch.org | Die internationale NGO streitet für Konsumentenrechte und gegen die undurchsichtigen Praktiken der Nahrungsindustrie.
vfed.de | Der Verband für Ernährung und Diätetik agiert als „Fachverband für alle im Bereich der Ernährung und Diätetik Arbeitenden und Interessierten“.
marktgilde.de | Die Deutsche Marktgilde eG informiert Händler, Kommunen und Verbraucher über ihr Angebot lokaler Wochenmärkte.
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