„Das Kino muss sich neu aufstellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ So lautete Anfang April die Überschrift des diesjährigen Filmtheaterkongress in Baden-Baden. Und die passende Frage kam gleich hinterher: „Was sind Ansätze, welche Visionen und Strategien gibt es?“ Das Thema beherrscht nun seit Jahren die Panels der Branchentreffs. Aktuell sind neben dem allgemein angestiegenen Freizeitangebot als Hauptkonkurrenten die Streaming-Portale ausgemacht. Auch wenn das nicht alle Kinobetreiber so sehen. Das hat sich gezeigt, als Ende des letzten Jahres Alfonso Cuaróns neuer Film „Roma“ vor seinem Start bei Netflix kurz auch im Kino laufen sollte. Die Kinobetreiber haben sich mit wenigen Ausnahmen (38 Kinos spielten den Film, davon 20 Arthauskinos) konsequent gegen den Netflix-Film entschieden. Solche Kurzeinsätze bestimmen aber ebenso wie Sondervorführungen mit Gästen und Diskussionen immer mehr die Programme der Kinos (schauen sie mal in unseren immer pralleren Kinokalender auf der nächsten Doppelseite). Das zeigt, dass ausprobiert wird, was jenseits der üblichen Neustarts dem Kino mehr Publikum bescheren könnte.
Es gibt noch mehr Ideen, das Kino gegen die Konkurrenz in Stellung zu bringen: Auf dem Kongress wurde die Idee eines vergünstigten Jugendtickets von 5 Euro diskutiert – ein Konzept aus Frankreich, dass jüngere ZuschauerInnen ans Kino binden soll. Auch die Idee eines Kinofestes, das konzentriert Aufmerksamkeit generiert, stand im Raum. Hierfür kommt die Inspiration mit dem „Fête du Cinéma“ ebenfalls aus Frankreich. Dort gibt es die inzwischen auf vier Tage ausgeweitete Aktion seit 1985 jedes Jahr kurz vor den großen Ferien, um dem Kino mittels niedrigerer Eintrittspreise einen kleinen PR-Schub zu verleihen. Ob es in Deutschland endlich gelingt, einen Konsens für ein ähnliches Kinofest zu erzielen, ist offen. Mit der Schulfilmreihe „Cinefête“ – im Mai auch in Köln – gibt es bereits eine Kombination aus beidem – regionale deutsche Kinofest-Vorreiter wie die Kölner Kino Nächte gibt es auch schon länger. Bundesweit macht es nur Sinn, wenn flächendeckend Kinos mitmachen und ebenso breitflächig Verleiher dabei sind. Und die Tage des Kinofestes dann nicht nur dazu nutzen, ihre wenig lukrativen Restprogramme dort abzuladen, sondern auch einige Nuggets, wie es in Frankreich längst der Fall ist.
Nuggets des deutschen Films zeigen die aktuellen Nominierungen für den Deutschen Filmpreis, der am 3. Mai verliehen wird. Experimentierfreudig sind die Entscheidungen selten. Vieles wird übergangen, man konzentriert sich stattdessen ähnlich wie bei den Oscars auf einige wenige Filme. Dennoch geben die nominierten Filme einen Überblick über die jüngsten deutschen Produktionen: Als Favorit gilt „Gundermann“ von Andreas Dresen mit zehn Nominierungen, das ungewöhnliche Flüchtlingsdrama „Styx“ von Wolfgang Fischer kommt auf sechs, der besucherstärkste deutsche Film in 2018, das Hape-Kerkeling-Biopic „Der Junge muss an die frische Luft“ immerhin noch auf fünf Nominierungen.
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