Weil mein Friseur einer der besten seiner Zunft ist – das sagt er zumindest –, hat er schon viele namhafte Stars bedient. Das Gesicht von Nina Hagen hat er geschminkt, die Haare von Brad Pitt gefärbt, den Bart von Johnny Depp gestutzt. Ich gehe zu ihm, weil ich diese Geschichten des Kölner Meisterfigaros mag. Bei seiner letzten Anekdote aber begann ich zu zweifeln, ob sie wirklich ausschließlich seiner profilsüchtigen Psyche entsprungen war. Eilig wäre er vor vier Jahren zum Drehort des Films „Der Baader Meinhof Komplex“ nach Sylt beordert worden. Die Szene am Nacktbadestrand drohte zu scheitern, denn als sich die Komparsen auskleideten, stellte der Regisseur voller Schrecken fest, dass der überwiegende Teil der Versammelten über keinen fülligen Schamhaarbewuchs verfügte. Mein Friseur musste mit Kautschukpaste und Echthaar die kahlen Körperteile bedecken, damit die Szene mit dem überlieferten Foto aus dem Jahr 1967 übereinstimmte. Sein Einsatz an Dutzenden von Frauen und Männern hätte fast das Budget des Films gesprengt. Für mich stellt sich nun aber eine ganz andere Frage. Wäre die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht viel menschenfreundlicher verlaufen, wenn Ulrike Meinhof damals nicht so arg unter der Verfilzung der Verhältnisse gelitten hätte? Mit weniger Wolle im Schlüpfer hätte sie vielleicht nicht zur Waffe gegriffen.
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