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Tabea Zimmermann, Künstlerische Leiterin der Beethovenwoche 2020
Foto: Marco Borggreve

„Eine Einladung zum Staunen“

15. Januar 2020

Tabea Zimmermann über die Beethovenwoche – Interview 01/20

„Beethoven pur“ ist das Motto der diesjährigen Beethovenwoche in Bonn. In sechzehn Konzerten, die meist im Beethoven-Haus stattfinden, bietet sie das gesamte kammermusikalische Oeuvre des Komponisten. Die international renommierte Bratschistin Tabea Zimmermann ist in diesem Jahr die Künstlerischen Leiterin.

choices: Frau Zimmermann, die Beethovenwoche 2020 – ist das für Sie die Eröffnung des Beethoven-Jubiläumsjahres oder waren Sie seit Mitte Dezember schon ‚im Auftrag Beethovens‘ unterwegs?

Tabea Zimmermann: Ich habe mich schon etwas warmgespielt und hatte meinen persönlichen Auftakt zum Beethovenjahr bereits Ende Dezember in Elmau mit Streichtrios von Beethoven, die ich gemeinsam mit Daniel Sepec und Jean-Guihen Queyras erarbeitet habe. Eines dieser Trios wird auch bei der Eröffnung in Bonn zu hören sein. Die Aufführung aller Werke dieser Gattung Anfang März in London wird für mich neben der Beethovenwoche das weitere größere Beethoven-Projekt in diesem Jahr sein. Ich wurde bereits vor zwei Jahren von der Wigmore Hall angesprochen, ob ich nicht die Streichtrios besetzen könne.

Auf dem Programm der diesjährigen Beethovenwoche steht „Beethoven pur“, seine gesamte Kammermusik. Gab es dazu auch mal andere Überlegungen, beispielsweise Crossover-Geschichten wie im vergangenen Jahr?

Nein, nicht wirklich. Dass das Motto in diesem Jahr „Beethoven pur“ sein und seine gesamte Kammermusik beinhalten würde, steht schon seit Jahren fest. Als ich mit den Planungen für das erste Festival begann, war bereits klar, dass in den Vorjahren immer nur ein zentrales Werk Beethovens im Vordergrund stehen, aber nur wenig Beethoven gespielt werden würde. Damals stand schon fest, dass wir im Jubiläumsjahr seine gesamte Kammermusik auf das Programm setzen und daher in den Vorjahren andere Querverbindungen geschaffen werden sollten. Die gesamten sechs Festivaljahre waren somit schon auf dieses Jahr hin ausgerichtet.

Haben Sie keine Sorge, dass es beim Publikum irgendwann eine Übersättigung geben könnte oder auch, dass es schwierig ist, mit „Beethoven pur“ neue Zielgruppen anzulocken?

Bei der Programmplanung steht das Aktivieren neuer Zielgruppen für mich als Künstlerische Leiterin nicht an oberster Stelle. Neue Zielgruppen müssen auf andere Art und Weise und an anderer Stelle generiert werden – dafür hat das Beethovenhaus wiederum andere Reihen und Veranstaltungen. Ich persönlich sehe mein Talent auch nicht unbedingt als Musikvermittlerin – ich unterrichte, bin an der Hochschule und habe da andere Mittel und Wege, Musik zu vermitteln. Ich habe mir zwar für dieses Jahr vorgenommen, mich auch öfter an Moderationen zu wagen, aber aktuell sehe ich meine Stärke eher in der Qualität der Aufführung. Das Festival ist sehr an den wunderschönen Kammermusiksaal des Beethovenhauses angedockt, der eine großartige Akustik hat und bei jedem Konzert für eine einmalige Atmosphäre sorgt. Zugleich hat er eine überschaubare Größe, so dass es auch nicht oberste Priorität haben kann, immer mehr Publikum anzulocken. Viel schöner fand ich es in den vergangenen Jahren zu sehen, dass viele Besucher mehrfach zu Konzerten kamen und es für einige so etwas wie einen Intensivkurs gab. Beethovens Kammermusik zählt zur Krönung der Musik, braucht aber eventuell auch etwas Vorerfahrung.

Was macht für Sie ganz persönlich die Kammermusik Beethovens aus?

Ich bin ganz allgemein ein großer Fan der Kammermusik, nicht nur von Beethoven. Jedoch war seine Kammermusik besonders prägend für mich. Schon in meiner Jugend habe ich einige der Streichtrios regelmäßig mit meinen beiden Schwestern aufgeführt und konnte so schon sehr früh meine ganz persönliche Erfahrung mit seiner Tonsprache machen. Beethoven schafft es auf ungewöhnliche Weise, unsere Hörerwartung von Moment zu Moment zu provozieren und dann zu überraschen. Das macht den aktiven Hörer zum Komplizen des Musikers und bringt beiden Seiten enorm viel Genuss! Als Musikerin versuche ich mir die Überraschungen und die vielen ‚sonderbaren‘ Momente seiner Musik stets frisch zu erhalten und sie immer wieder wie beim ersten Mal zu erleben. Die Überraschungen, die Einladung zum Staunen ziehen sich durch Beethovens Werk, angefangen bei den frühen Variationen, die zunächst simpel beginnen und dann Ideen entwickeln, die kein anderer hätte haben können. Beethoven ist da für mich ein besonders gutes Beispiel, weil seine Musik nie zu abgedroschen wirkt. Insofern freue ich mich ganz besonders auf die sechzehn Konzerte in Bonn.

Wie sind die einzelnen Konzerte in diesem Jahr konzipiert?

Angesichts des programmatischen Schwerpunkts in diesem Jahr werden sich ständig wechselnde Besetzungen in diesem Jahr durch die Konzerte ziehen. So entsteht weiterhin ein Festivalcharakter und die Abende gestalten sich interessanter durch das Aufbrechen von Genres und die Herstellung von Querverbindungen und Bezügen zwischen den Gattungen. Logistisch stellte das Konzept in diesem Jahr natürlich eine besondere Herausforderung dar, aber es ist auch ein großer Luxus, so mit den Musikern und Besetzungen agieren zu können.

Welche Musiker werden zu hören sein?

Die Entscheidung, wer was spielt, ist für mich als Festivalleiterin eigentlich eine der größten Freuden bei der Festivalplanung. Im Laufe der Jahre baut man ja ein Netzwerk von Bekanntschaften auf und das Festival bietet immer wieder Anlässe, neue und alte Bekannte einzuladen. Das Meta4- und Armida-Quartett waren beispielsweise schon mehrfach da und es haben sich immer wieder schöne Zusammenarbeiten ergeben. Ihr Debüt bei der Beethovenwoche haben das Ebène Quartett, das ich immer schon einladen wollte, bei dem es aber bisher nicht geklappt hat, und Thomas Demenga. Ihn kenne ich schon seit 30 Jahren und es war schnell klar, dass ich ihn für die Cellowerke anfragen möchte. Mit dem Pianisten Cédric Tiberghien habe ich letztes Jahr durch eine glückliche Fügung zum ersten Mal gemeinsam musiziert – so wächst das Netzwerk stetig und es ergeben sich immer wieder und vielerorts schöne Anlässe zum gemeinsamen Musizieren.

Sie sprachen eben über den Anspruch von Beethovens Musik, auch an den Hörer. Gibt es denn Konzerte in diesem Jahr, die Sie eher für Kammermusik-Einsteiger empfehlen würden?

Ich denke, dass kann man so pauschal nicht sagen. Jeder Hörer ist ja für sich sehr individuell und hat Vorlieben hinsichtlich der Besetzung oder auch im Hinblick auf langsame oder schnelle Sätze und so weiter. Wir haben versucht, in die einzelnen Abende möglichst viel Abwechslung hineinzubringen, so dass hoffentlich an jedem Abend für jeden etwas dabei ist.

Angesichts der diesjährigen Beethoven-Feierlichkeiten stellt man sich ein wenig die Frage, was wohl im Jahr 2021 davon übrig sein wird, was hängen bleibt. Wissen Sie, wie es nach dem Jubiläumsjahr weitergehen wird?

Das Jubiläumsjahr ist für mich der Abschluss als Künstlerischer Leiterin der Beethovenwoche und als Präsidentin des Beethovenhauses. Insofern müssen Sie zu weiteren Planungen meinen Nachfolger fragen. Für mich war von Anfang an klar, dass dies mein Abschluss sein würde und ich freue mich sehr darauf!

BTHVN WOCHE: Beethoven pur | 16 Konzerte: 17.1. - 9.2. | Beethoven-Haus, Bonn | www.beethoven.de/woche

Interview: Verena Düren

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