Das Chicagoer Trio Volcano! macht mit seinem dritten Album „Piñata“ Art-Pop, der nach überdrehten Talking Heads klingt. Ein vielschichtiger Sound trifft auf exaltierten Gesang. Die komplexen Songstrukturen garantieren, dass Ermüdungserscheinungen nicht aus Langeweile, sondern höchstens wegen Überanstrengung auftreten (Leaf Label). Die schwedischen Garagenrocker The Hivesdefinieren mit ihrem fünften Album das „Lex Hives“. Das ist zwar recht simpel, aber effektiv. Der erste Track heißt „Come on“, der zweite „Go right ahead“, und die Lyrics sind auch nicht viel länger als die Tracktitel. Bodenständiger, schnörkelloser Rock'n'Roll, wie ihn die Schweden beherrschen (Columbia). Schlagzeuger Dave Lombardo macht mit PhilmUrlaub von seinem Hauptjob bei Slayer und hat sein Drum Kit abgespeckt. Das Power-Trio mit Pancho Tomaselli von den Funk-Veteranen War und Gerry Nestler von Civil Defiance grätscht zwischen straighten Metal und 60's-Psychedelia und baut auch mal abstrakten Jazz-Rock ein. Erfrischend (Ipecac). Auch die Melvins sind auf Abwegen: Melvins Lite heißt das Projekt der Melvins-Basis King Buzzo und Dale Crover mit dem Bassisten Trevor Dunn (Mr. Bungle, Fantomas). Auf dem Album „Freak Puke“ sägt der manchmal auch mit einem Kontrabass zitternd gegen das knurrige Grundgerüst des Melvins-Metals an (Ipecac).
Mit ihrem fünften Album „In your Heads“ perfektionieren Hot Chip ihren Synth-Pop: Catchy Phrasen und der charismatische Kopfstimmengesang haben massives Hitpotential und erinnern nicht selten an Hercules and Love Affair. Mitunter sind die Ideen sehr cheesy – an anderer Stelle klingen sie fast düster (Domino). „L'ancolie“ von Fredda ist nach einigen Abwegen wieder ein klassisches Le Pop-Album. Die Sängerin macht moderne, verspielte Chansons mit akustischer Instrumentierung. Genau das Richtige für einen lauen Sommerabend. Sébastien Tellier steckt wieder knietief in den 70ern. Das Konzeptalbum „My God is blue“ enthält zwar auch Beats, der Geist ist aber geprägt von Prog- und Spacerock bzw. Softpop. Das Ganze wird gedehnt und gezerrt und dramatisch aufgeladen, dass man wie bei Gonzales nie weiß, wie laut er innerlich kichert (Record Makers).
DJ Koze hält die Qualität auf seinem Pampa-Label hoch: Neuestes Release ist „Aimlessness“ von DNTEL. Der elektronische Dream-Pop des Kaliforniers wogt psychedelisch, zarte Gesangslinien durchziehen die leiernden und stolpernden Soundschlieren – wunderschön! Wenn Aaron Funk ein Album „Sleep“ nennt, und angibt, es beim Einschlafen produziert zu haben, dann muss das noch lange kein Zeitlupensound sein. Als Last Stepist er halt nur langsamer als mit seinem irrsinnigen Breakcore unter dem Alias Venetian Snares. Weniger bezaubernd und großartig ist die langsamere Version von Aaron Funk aber deswegen nicht: Der psychotische Anteil ist in etwa gleich (Planet Mu). Vor 25 Jahren reagierte England auf den amerikanischen Technohouse. „This ain't Chicago“ lässt mit 23 Stücken aus den Jahren 1987 bis 1991 den frühen Ravesound auferstehen. Die gelungene Compilation präsentiert nicht nur Klassiker, sondern viel Vergessenes und bezeugt beeindruckend, wie modern die Musik immer noch klingt (Strut).
Der Frank Zappa-Wegbegleiter Don Preston hat schon in den 60er Jahren mit elektronischer Musik experimentiert. „Filters, Oscillators & Envelopes 1967-82“ präsentiert unveröffentlichtes Material, das zwischen Neuer Musik, ambitioniertem Experiment und kindlichem Spiel im Sinne von George Harrisons „Electronic Sound“ von 1969 steht. Nicht grandios, aber interessant (Sub Rosa).
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