Ty Segalls neues, selbstbetiteltes Album ist das zehnte seiner Karriere, fast ebenso viele hat er in den letzten Zehn Jahren mit seinen unterschiedlichen Bands veröffentlicht. Es klingt dennoch ungestüm wie ein Debüt: Der unverhohlene Space-Psychedelic- und Glamrock-Fan wechselt mit Punkattitüde und aufgedrehtem Verzerrer zwischen dröhnendem Heavyrock und abgefederteren Glam-Momenten, in denen man meint, Bolan oder Bowie an der Gitarre zu hören. Überzeugender und vor allem energetischer macht das zur Zeit keiner (Drag City).
Mit der Compilation New Gen gibt es ein Update der Londoner Grime-, Hip-Hop-, Trap- und R‘n‘B-Szenen. Fette Beats, aber eher langsamere Tempi regieren hier. Auch wenn neuere Acts wie Avelino, Bonkaz, Tiggs Da Author oder Renz nicht unbedingt Neues erfinden, klingt der Sound frisch (XL). Trap in der Hip-Hop-Variante gibt es auch schon ein paar Jahre in Deutschland, aber 2015 und 2016 ging‘s raus aus dem Underground. Ende 2016 erschien nun mit viel Tamtam das neue Mixtape „Intergalactica“ des Kölner Rappers LGoony. Der Romantiker positioniert sich nicht nur textlich mit deutlichen und despektierlichen Abgrenzungen zum Rap-Business, sondern fährt abgesehen von ein paar wenigen Bangern mit seinem melancholischen Endzeit-Singsang auch einen ganz eigenen Sound, mit dem er sich auch klar von seinem Wiener Kooperationspartner Crack Ignaz absetzt, mit seinem freundlicherem Style, auf dem im November erschienenen Mixtape „Marmeladé“ nachzuhören. Gegen all den Swag klingt die Düsseldorfer Antilopengang recht old-school. Mit dem Album „Anarchie & Alltag“ zitieren die Polit-Rapper Fehlfarben und betonen ihren punkigen Background – einen Punk-Track gibt es auch und Schorsch Kamerun schaut ebenfalls vorbei. Die gediegenen Gesangsrefrains schielen hingegen wieder auf Massenkompatibilität. Die, so sagen sie aber gleich, ist nur Teil des großen Plans, den Mainstream von innen zu bekämpfen. Hm... (JKP).
Deutsche New Wave-Aufarbeitung Teil 234: Die Compilation „Magnetband – Experimenteller Elektronik-Underground DDR 1984-1989“ beinhaltet die experimentell-elektronischeren Stücke der Doppel-CD „Spannung. Leistung. Widerstand. Magnetbanduntergrund DDR 1976-1990“, die 1996 als Begleitung zu dem gleichnamigen Buch erschien. Hier findet man das spannende Frühwerk von Leuten wie Bo Condren, Bernd Jestram, Frank Brettschneider oder den Lippok-Brüdern, heute bekannt von Bands wie Tarwater, To Rococo Rot oder als Solokünstler. Die Compilation „Sammlung – Elektronische Kassettenmusik Düsseldorf 1982-1989“ beleuchtet, was zeitgleich in der westdeutschen Elektronikhochburg Düsseldorf passierte, nachdem die NDW einen raschen Tod gestorben war. Man könnte nun lange darüber reflektieren, wie und warum sich der Klang in West und Ost unterscheidet – hier kühl und klar, dort rau und punkig – und inwieweit das Systembedingt ist. Vielleicht ist es aber auch müßig… Xao Seffcheque wiederum ist Österreicher, den es in den 70er Jahren nach Düsseldorf verschlagen hat, wo er die NDW parodistisch begleitete. Die Compilation „Ja, nein, vielleicht kommt sehr gut“ versammelt vor allem Stücke seiner beiden Alben aus den Jahren 1980/81, mit denen er vor allem die Kollegen parodierte, aber auch Musik mit Eigenwert veröffentlichte. Eine Wiederveröffentlichung seiner kompletten Alben wäre aber vielleicht sinnvoller gewesen als diese Compilation (alle bureau b).
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