Sascha Rühlinger und Simon Nijmeijer sind neben ihren beruflichen Tätigkeiten als Ingenieure bei Tiny Forests als Projektleiter aktiv. Mit seinen Pflanzaktionen will das Frankfurter Unternehmen nicht nur einen kleinen Beitrag für das Klima leisten und für mehr Biodiversität sorgen, sondern besonders das Interesse für die Natur im urbanen Raum wecken.
choices: Das Konzept der Tiny Forests gibt es bereits in vielen Städten. Wie kam es zu Ihren Projekten und wer ist dafür verantwortlich?
Sascha Rühlinger: Wir sind ein sehr bunt gemischtes Team aus fünf Leuten. Neben Simon und mir besteht unser Team aus dem Pflanzexperten und Forstwirt Noriaki Ikeda, der Waldpädagogin Petra Gerritzma und unserem Geschäftsführer Hendrik Kohl. Wir haben im August 2020 mit den Tiny Forests angefangen und so richtig durchgestartet mit dem Projekt sind wir dann im Frühjahr 2021. Die Pandemie hat uns zum Glück nicht so sehr im Wege gestanden wie anderen Gründern, da wir die Vorgespräche online führen konnten. Da wir die meiste Zeit draußen arbeiten, mussten wir unsere Arbeit durch die Maßnahmen nicht allzu sehr einschränken. Wir haben gemerkt, dass ein großer Bedarf besteht und das Bewusstsein für Natur und Umweltthemen – besonders in den letzten Jahren – gestiegen ist. Sicherlich auch nochmal verstärkt durch die Pandemie. Das wollten wir aktiv aufgreifen.
Ihre Arbeit basiert auf der Miyawaki-Methode. Warum haben Sie sich dieser angenommen?
Simon Nijmeijer: Der Japaner Akira Miyawaki hat festgestellt, dass Bäume, die sehr dicht beieinander gepflanzt werden, robuster gegen Schädlinge und den Klimawandel sind. Hendrik Kohl hat das Konzept der „Tiny Forests“ aufgegriffen und in Bezug auf Bodenbearbeitung und Pflanzenauswahl als auch unsere heimischen Gegebenheiten mit unserem Team angepasst und weiter entwickelt. Während die Miyawaki-Methode beispielsweise auf einer Aufforstungs-Methode basiert, gehen wir weniger in die Bodenbearbeitung. Das bedeutet, wir bieten Tiny Forests nach dem Prinzip von Miyawaki an, aber entwickeln sie in Impact Forests weiter, greifen also konkret weniger in die Natur ein. Wir beschäftigen uns darüber hinaus auch mit der Permakultur-Beratung und dem Umweltaspekt.
Worauf liegt bei Ihrer Arbeit der Fokus?
Rühlinger: Unser Hauptfokus liegt auf Pflanzevents mit einer pädagogischen Komponente, sozusagen einem Bildungseffekt. Wir bieten nicht nur Tiny Forests an, sondern ab einer Größe von ca. fünf bis fünfzehn Quadratmeter auch Micro Forests. Dabei geben wir den Menschen dann eher eine Anleitung an die Hand, wie sie selbst oder gemeinsam mit Freunden und Familie aktiv werden können. Das Ganze wird dann im Rahmen von Vorträgen und Waldspaziergängen gestaltet, um bei den Menschen die Lust an der Natur und dem eigenen Garten zu wecken. Wichtig ist uns, dass die Leute gerade in der Stadt und im urbanen Raum den Kontakt zum Wald herstellen wollen. Dabei steht neben dem Lerneffekt auch besonders der Spaß im Vordergrund.
Wie laufen die Projektphasen dann konkret ab, nachdem man Sie kontaktiert hat?
Nijmeijer: Zunächst werden Vorgespräche über die gewünschte Größe, besondere Wünsche sowie die Möglichkeit geführt, einen kleinen See oder Sitzmöglichkeiten zu integrieren. Anschließend nehmen wir Bodenproben und legen die Beschaffungen der Komponente fest. Wir erstellen das Design, fertigen technische Zeichnungen an und arbeiten währenddessen gemeinsam mit Garten- und Landschaftsbauern. Bevor der eigentliche Pflanztag dann stattfindet, veranstalten wir Waldspaziergänge, um heimische Arten und die Vegetation kennenzulernen, sowie Vorträge zu den Themen Wald und Umwelt. Und dann steht einem spaßigen Arbeitstag auch eigentlich nichts mehr im Weg. Die Vorträge werden natürlich auch an das Publikum angepasst. Vorträge für Kinder gestalten wir natürlich anders als die für Erwachsene.
Was wollen Sie mit Ihrer Arbeit konkret erreichen?
Rühlinger: Eines unserer Ziele ist, die Stadt zu begrünen und Mini-Oasen für Menschen und Tiere zu erschaffen. Besonders auch für Kinder, die in der Stadt groß werden. Zwar stehen wir in Köln gar nicht so schlecht da, was Grünflächen angeht, aber wir wollen auch zeigen, dass es Spaß, macht die Nähe zur Natur aufzusuchen. Kinder, die heranwachsen, können auch den Wald zeitgleich heranwachsen sehen, und das ist sicherlich ein krasses Momentum. Ein weiteres Ziel ist natürlich auch, wenigstens eine kleine Klimamaßnahme mit dem Pflanzen von Bäumen vorzunehmen. Und am Ende entsteht dann im besten Fall eine Folgewirkung: Die Menschen sind mehr in der Natur und dementsprechend kann dies ein guter Startpunkt sein, um mit dem Thema Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit in einen ersten Kontakt zu kommen. Der Mensch wird somit auch ein aktiver Teil des Ökosystems.
In Köln haben Sie in den Stadtteilen Sülz und Ehrenfeld Projekte durchgeführt. Auf dem Vulkan-Gelände in Ehrenfeld sogar auch ein recht großes. Wie kam es zu denen?
Nijmeijer: In Sülz wurde ein Micro Forest von neun Quadratmetern gepflanzt. Da kamen Privatleute auf uns zu und haben gemeinsam mit Freunden gepflanzt. Beim Vulkan-Gelände in Ehrenfeld kontaktierte uns Herr Walten (Gesellschafter bei der Vulkan-GmbH, Anm. d. Red.) mit dem Ziel, einen grünen Platz und einen Ruheort für Mittagspausen und für zwischendurch auf dem Standort zu erschaffen. Wir gehen aber durchaus auch selbst an die Orte, an denen Bedarf besteht. Zum Beispiel an Schulen und Bildungseinrichtungen.
Wie waren die bisherigen Reaktionen auf Ihre durchgeführten Projekte?
Rühlinger: Vor allem beim Vulkan-Gelände hatten wir eine tolle und intensive Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen, die uns auch wirklich gutes Feedback zurückgemeldet haben und die sehr viel Spaß an der Arbeit hatten. Es ist einfach schön zu sehen, wenn die Leute sich daran erfreuen können, mal einen Baum gepflanzt zu haben.
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