Um die dritte Pluriversale feierlich abzuschließen, bat die Akademie der Künste der Welt zu einer Abschlussdiskussion ins Kunsthaus Rhenania am Kölner Medienhafen. Eingeladen waren Kulturwissenschaftler, Autoren und Aktivisten, um über Migration und Auswüchse der kulturellen Globalisierung in Deutschland zu diskutieren. Eingangs erläutert Moderator David Riff, dass mit dem „Karneval der Kulturen“ eine Haltung in Deutschland gemeint sei, die bezeichnend für den Umgang anderen Kulturen ist. Kommt jemand aus einem anderen Kulturkreis, werde oft erwartet, dass er sich in der vollen Bandbreite seines „Andersseins“ präsentiere und einen Hauch von angemessener Exotik darstelle - natürlich im Rahmen der Konventionen unserer Gesellschaft. Bühnenveranstaltungen wie „Afrika! Afrika! – die Zirkusveranstaltung vom Kontinent des Staunens“ sprechen für sich. Kultur werde so zur Performance gemacht, erläutert Riff und stellt die Frage des Abends: Was kann man dagegen tun?
Die Professorin für Afrikanistik Marianne Bechhaus-Gerst setzt sich mit den Hintergründen und Motiven auseinander, die dafür sorgen, dass andere Kulturen in Deutschland oft zu einem folkloristischen Karneval verkommen. Es sei bezeichnend, dass die koloniale Geschichte Deutschlands immer noch nicht richtig verarbeitet wurde und wenn überhaupt, oft als nebensächlich abgetan werde. Der vielgelobte erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, sei beispielsweise Vizepräsident der deutschen Kolonialgesellschaft gewesen, habe sich sogar für den Erwerb von Kolonien eingesetzt. Ein bemerkenswerter Fakt, der im öffentlichen Diskurs jedoch zum Detail der Geschichte verkommen ist. „Unterdrückte Schuld“, fügt Ekaterina Degot von der Akademie der Künste der Welt hinzu, „kann auch ein Grund für multikulturelle Diskriminierung sein.“
Eine Diskriminierung, die viele der Gesprächsteilnehmer mit Migrationshintergrund schon erfahren haben. „Migrationshintergrund“ ist auch so ein Wort. Für den Kölner Schriftsteller Selim Özdogan nur ein Euphemismus für eine Reihe von Begriffen wie „Ausländer, Immigrant oder Post-Migrant“, die alle das selbe bedeuten: Du bist anders. Vielleicht nicht vollkommen fremd, aber auf jeden Fall nicht „Deutschland“. Aber was bedeutet „Deutschsein“ eigentlich?Miltiadis Oulios, Journalist und Moderator, stellt sich diese Frage und sieht in dem schwammigen Begriff der Nationalität einen der Gründe für kulturelle Diskriminierung. Er selber werde oft zur politischen Lage in Griechenland befragt, habe aber aufgrund seines griechischen Namens nicht mehr Ahnung von griechischer Politik als andere. Wenn er sagt, er sei Deutscher, werde immer weiter nachgehakt: „Woher kommst du wirklich?“
Die Diskussion, die eigentlich eher eine Zusammensetzung aus einzelnen Vorträgen ist, verliert sich hier ein wenig in ihrer Analyse von Begrifflichkeiten. Wie kann man denn nun einen gesellschaftlichen Wandel einleiten, damit Kultur nicht mehr als Konsum, als Bereicherung und als exotisches Klischee aufgefasst wird? Im Laufe des Abends wird auf diese Frage keine Antwort gefunden, doch man ist sich einig, dass die Offenlegung dieser Probleme ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.
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