Die Kunst von Otto Piene ist archaisch und elementar. Und sie ist zu ihrer Zeit auf die Zukunft hin konzipiert. Das diese Perspektiven aufeinander bezogen werden, ist da Verdienst der Ausstellung im Arp Museum in Remagen. Sie legt ihre Akzente anders als die riesige, Raum und Zeit überwindende Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie Berlin 2014 oder zuletzt die intensive Kabinett-Ausstellung in der Akademiegalerie in Düsseldorf oder aktuell die Sammlung Kemp im dortigen Museum Kunstpalast. Das Arp Museum analysiert dafür Pienes Vokabular in seinen Höhen und Tiefen. Und zieht im vergleichenden Sehen zwei weitere, etwas ältere Künstler hinzu: Lucio Fontana sowie, im Stockwerk darüber, Hans Arp.
Otto Piene, geboren 1928, ist der Theoretiker der ZERO-Bewegung, die nach der Kriegserfahrung ab Mitte der 1950er Jahre die Kunst mit einem konstruktiven ungegenständlichen Vokabular, mit Licht und Schatten, Raster und Vibration neu definierte. Der Kreis ist Symbol, auf Farben wird zunächst ebenso verzichtet, wie auf die Leinwand als Bildträger. Gegründet wurde ZERO 1957 von Piene und Heinz Mack in Düsseldorf, schnell wurde daraus eine internationale offene Avantgarde-Richtung. Als Gruppe verfestigte sich ZERO mit Mack und Piene ab 1961 mit Günther Uecker und löste sich 1966 feierlich wieder auf: Mit einer Ausstellung in den Kunstsammlungen Bonn und einem Abschlussfest im Bahnhof Rolandseck.
Nun also kehrt das Werk von Piene, der 2014 verstarb, alleine zurück. Im Rückblick erweist er sich als Künstler, der Materialität und Expressivität miteinander verknüpft. Seine Bilder und Keramikobjekte sind mit Feuer versengt und Ruß überzogen oder besitzen schrundige Oberflächen und sind aufgerissen. Piene hat zudem dunkle Räume geschaffen, in denen Licht an die Wände fällt, die selbst perforiert sind, sodass dahinter Lichtpunkte wie Sternbilder über die Fläche kriechen. Hinzu kommt die „Sky Art“: im Außenraum hinter dem Museum Rolandseck ist der „Paris Star“ aus Kunststoffgewebe zu sehen, der den Weg ins Universum symbolisiert, zur Erkundung künftiger Lebensräume: Piene, der Ästhetik mit Fragilität verbindet, war eben auch ein großer Visionär.
Otto Piene | bis 5.1. | Arp Museum Bahnhof Rolandseck Remagen | 02228 942 50
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Ein Künstlerpaar in Hauptwerken
Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp
Chiffren des Leidens, des Widerstands
Berlinde De Bruyckere im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 08/22
Skulptur in Bewegung
Hamberg und Pousttchi im Arp Museum – Kunst in NRW 02/22
Helden des Surrealismus
Salvador Dalí und Hans Arp im Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 06/20
Ruhe im Sturm
Jonas Burgert im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 05/20
Farbe im Raum
Gotthard Graubner im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 08/18
Rendezvous der Bildhauer
Henry Moore im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 10/17
Vor der Bühne, im Rampenlicht
„Bühnenreif“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 04/17
Stil und Ausdruck
Französische Malerei in Rolandseck – Kunst in NRW 07/15
Der Leib des Menschen
Körperdarstellungen aus der Sammlung Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 07/14
Hohe Türme
Turm-Skulpturen im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 07/14
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23