Über Gotthard Graubner, den bedeutenden abstrakten Künstler, der an der Wahrnehmung von Farbe – und ihrer Autonomie – gearbeitet hat, scheint alles gesagt, wenngleich sich kaum die rechten Worte für seine Malerei finden lassen. Je mehr man seine Gemälde betrachtet, desto unfassbarer werden sie. Ausgehend von einer monochromen Tonalität, scheinen die Farbfetzen den Bildgrund zu verlassen, verhalten sich sozusagen im Raum zueinander, wobei ein Leuchten aus der Tiefe kommt. Dazu sind die Leinwände seiner oft mannsgroßen, teils dreiteiligen Gemälde über kissenartige Träger gespannt. Die Stoffe sind mit Farbe getränkt, versehen mit feinen Spuren, die erst allmählich Präsenz gewinnen. Gotthard Graubner selbst hat seine Gemälde als „Kissenbilder“ bzw. „Farbraumkörper“ bezeichnet, und es ist plausibel, dass er um 1970 auch Installationen aus begehbaren in Nebel gehüllten Räumen verwirklicht hat.
Im Arp Museum Rolandseck lässt sich jetzt die Werkgenese exemplarisch nachvollziehen, beginnend mit Aktdarstellungen der 1960er Jahre und der frühen Farbmalerei auf Papier. Die Gemälde sind so gehängt, dass sie tatsächlich Raum für sich haben und „atmen“ können: So wie es Graubner selbst von jedem einzelnen seiner Bilder erwartet hat. Herausragend in der Ausstellung ist das Triptychon „Venezia“, das er 1982 als Beitrag für die Biennale Venedig gemalt hat – damit war er als Star im internationalen Kunstgeschehen etabliert.
Gotthard Graubner (1930-2013) hat Kunst in Dresden und, nach seiner Flucht in den Westen, in Düsseldorf studiert. Er gehört dort zur Avantgarde der 1960er Jahre, stellt zeitweilig mit der ZERO-Gruppe aus und lehrt später als Professor an den Kunstakademien in Hamburg und Düsseldorf. Nachdem er sein bildnerisches Konzept bereits in den 1960er Jahren entworfen hat, werden ihm die Aufenthalte in Fernost für die Vertiefung und Weiterentwicklung wichtig. Dies beginnt 1973 mit einer Reise nach Indien, Nepal und Bhutan und setzt sich 1984 in Japan und China fort. Hieran orientiert sich nun die Ausstellung im Arp Museum. Sie nähert sich Graubners Malerei über seine Auseinandersetzung mit fernöstlichen Kulturen und besonders dem Buddhismus. Dazu zeigt sie seine wunderbare fotografische Serie rituell tanzender Mönche im Kloster Whangdue Phodrang 1976, die ein subtiles Gespür für Licht und Bewegung und die Gleichzeitigkeit von Statik und Dynamik in der Meditation auszeichnet. Vorgestellt werden auch reduzierte, unserer Stola ähnelnde Mönchsroben sowie Tonbandaufnahmen traditioneller buddhistischer Musik aus Bhutan – und es ist ein Erlebnis, sie beim Betrachten der Bilder zu hören: Die Ausstellung im Arp Museum Rolandseck geht tatsächlich weiter als die meisten Graubner-Ausstellungen. Sie kommt den Bildern sehr, sehr nahe.
Gotthard Graubner | bis 10.2.19 | Arp Museum Bahnhof Rolandseck bei Remagen | 02228 942 50
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