Es sind kleine Kathedralen, manchmal nur wenige Zentimeter hoch. Christiane Löhr arbeitet mit den Materialien der Natur, mit Blüten, Samen, Gräsern und Zweigen und Tierhaaren. Sie entdeckt in ihnen Stabilität und Methoden der Tektonik, der Organisation und des sich miteinander Verbindens. Sie legt ihren so zarten, transparenten Skulpturen geometrische Formen zugrunde und belässt ihnen doch ihre diszipliniert wuchernde Freiheit und den Reiz des Individuellen. Schon seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet die in Köln und Prato lebende Künstlerin mit den Bestandteilen der Natur und transformiert sie mit ihren formstiftend additiven Aneinanderfügungen in den Bereich der Kunst. Im Arp Museum Rolandseck ist jetzt eine Werkschau zu sehen, die auch die Zeichnungen einbezieht. Sogar einzelne Arbeiten der frühen 1990er Jahre sind vertreten, als sie noch in der Klasse von Jannis Kounellis an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat, und die ein erstes intensives Erforschen der Natur zeigen.
Seit Harald Szeemann 2001 Werke von Christiane Löhr auf der Biennale Venedig gezeigt und Germano Celant ihrer Kunst mit einem Text den Ritterschlag verliehen hat, wird sie international der Arte Povera zugerechnet: einer Kunst mit einfachen, wenig beachteten, natürlichen Materialien. Es ist eindrucksvoll, wie komplex diese bei ihr verwendet sind, ihre eigenen Bauformen einbringen, von Verletzlichkeit und Weichheit, aber mehr noch Robustheit und Elastizität handeln. Dabei ist das, was sie an unterschiedlichen Blüten und Pflanzen auf den Feldern und Wiesen findet, erstaunlich vielfältig, verfügt über jeweils eigene Eigenschaften und Farbtöne, deren Reichtum mit dem wechselnden Tageslicht anschaulich wird. Etwa das sich auftürmende Feld aus Pusteblumen, das an den Blick aus einem Flugzeug auf Wolkenfelder denken lässt. An anderer Stelle wächst von der Decke aus ein changierend gelb-weißer Tropfen mit vibrierenden Samen in den Raum. Und dass man zugleich nach draußen, auf die Gipfel und Blätter der Bäume hoch über dem Rhein schauen kann, macht die Ausstellung nur noch anregender.
Christiane Löhr – Symmetrien des Sachten | bis 21.1.24 | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 02228 942 50
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