Wenn man die keilförmig zulaufende, grau melierte Kirche betritt, fällt sofort das mittig hängende, großflächige Farbmosaik ins Auge, das den Raum dominiert. Als nächstes die paar- und gruppenweise aufgehängten Bilder an den Flügelseiten, die jeweils eigene Farb- und Gestaltungsmodi aufweisen. Linkerhand hängen abstrakte Werke, deren Farbkompositionen Unruhe, Lebendigkeit und Emotion ausdrücken. Rechterhand findet man Gemälde, die durch grafische Muster, harmonische Linien und Bewegungsläufe geprägt sind.
„Früher habe ich Collagen gemacht, auch Fotocollagen. Dann habe ich viel ausprobiert mit Wachs, Sand und Feuer, also Bilder gebrannt. Dadurch entstehen ganz eigene Strukturen. Das war eine Zwischenphase. Jetzt mache ich hauptsächlich Acrylmalerei bzw. Informelle Malerei, wobei Spontanität das Schaffen bestimmt. Es gibt keine vorgegebenen Ideen, sondern die Bilder entwickeln sich während des Machens“, erklärt Manfred Mays (*1943) seine Vorgehensweise. Der Künstler war lange Zeit Journalist, aber immer schon kreativ tätig mit Gedichten, Lyrik und Malerei. Nachdem der Journalismus als Brotberuf dem Lebensunterhalt diente, widmet er sich nun ganz der Kunst. Daher der Ausstellungstitel „Saitenwechsel“: Er steht für den Wechsel der Betätigung, aber auch für den Wechsel des Instruments. Dies ist seine erste Ausstellung, nachdem ihn immer wieder Freunde angesichts seiner zahlreichen Oeuvres zum Gang in die Öffentlichkeit ermutigt hatten.
„Ich arbeite mit Pinsel, Spachtel und Rakel, einem Kratzeisen. Bei meiner Arbeit mit asymmetrischen Figuren habe ich festgestellt, dass diese nicht so unharmonisch sind, wie man glaubt“, erläutert Mays. „Eine weitere Entwicklung ist, dass ich versucht habe, eine bestimmte Farbe zu verarbeiten. Hier habe ich Bourdeaux gewählt, um von dieser ausgehend formale Formen zu entwickeln.“ Damit ist die Bildgruppe am Ende des rechten Kirchenflügels gemeint mit mehreren in Rot- und Rosetönen gehaltenen, geometrisch harmonischen Werken. „Bei der südfranzösischen Stadt gibt es unterschiedliche rote Erden. Zu der Farbe habe ich eine Formalform entwickelt.“
Wechsel zu einer Gruppe von Bildern, bei denen senkrechte Farbflächen, Streifen und Linien in wenigen Farbtönen dominieren. „Hier ging es mir um die Korrespondenz der Farben. Wie verhält sich eine Farbe zu der anderen? Das ist ein langer Erkenntnisprozess.“ Mays zeigt schmunzelnd auf das Grün der Gemälde: „Eigentlich eine Farbe, die ich gar nicht mag.“
Weiter zum nächsten Quartett, dessen Komposition sich durch fließende Linien, mäandernde Ströme und schlingernde Verläufe auszeichnet. „Hier hat mich Bewegung interessiert. Die Bilder habe ich in Schweden gemalt, wo ich ein Atelier besitze.“ Er verneint, dass die Landschaft Vorbild gewesen sei, konzediert aber, dass er das ständig bewegte Meer beobachtet und versucht habe, dies umzusetzen, auch in Rot oder Lila.
Letzte Station ist die Werkgruppe links vom Altarbereich. Die einzelnen, wirr und lebendig zugleich wirkenden Bilder sind in Blau, Rot oder Grün gehalten. „Hier habe ich nordische Mythen aufgegriffen. Dieses Bild symbolisiert Tapio, den finnischen Gott des Waldes“, erklärt der Künstler. „Die Bilder sind zweigesichtig. Das hier zeigt Feuer, den Gott des Todes. Aus Vernichtung entsteht neues Leben – das sind Gegensätze, die mich interessieren.“
Musikalisch untermalt wurde die Vernissage vom bekannten Konzertgitarristen Jens Müller-Herrou, der mit seinen sensibel vorgetragenen Stücken das Publikum ebenfalls begeisterte. Die Ausstellung „Saitenwechsel“ läuft bei freiem Eintritt noch bis 25. November.
Info: www.kulturkirche-ost.de
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