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Ein flüchtiger Blick genügt beim Thema Arbeitsmigration nicht.
Foto: Mira Moroz

„Migration wird immer temporärer“

27. Juni 2013

Ökonom Herbert Brücker über aktuelle Trends in der Zuwanderung – Thema 07/13 Willkommen

choices: Herr Brücker, welche Tendenzen gibt es bei der Migration nach Deutschland?
Herbert Brücker:
Es gibt eine erhöhte Zuwanderung von 390.000 Menschen. Das hat mit der Krise zu tun. Durch die ökonomischen Probleme in den klassischen Zuwanderungsländern wie Großbritannien oder Irland werden die Migrationsströme nach Deutschland umgeleitet.

Wohin in Deutschland wird denn zugewandert?

Dr. Herbert Brücker
Foto: IAB


Dr. Herbert Brücker ist Professor und Leiter des Forschungsbereichs Internationale Vergleiche und Europäische Integration am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg.

Da gibt es das klassische Nord-Süd-Gefälle. Es gibt eine stärkere Konzentration der Zuwanderung auf die Ballungsräume in den südlichen Ländern. Nach Norden richtet sich die Zuwanderung nach der Prosperität der jeweiligen Region. Das Rheinland steht recht gemischt da. In NRW werden relativ hohe Löhne gezahlt, das ist attraktiv. Andererseits haben wir dort teils eine relativ hohe Arbeitslosigkeit, das wirkt sich dämpfend aus.

In welche Branchen wird zugewandert?

Die Zuwanderer aus den mittel- und osteuropäischen Ländern machen mehr als die Hälfte der Zuwanderer aus und konzentrieren sich in der Landwirtschaft. Des Weiteren wird ins Gastgewerbe und weitere Dienstleistungen vom Handel bis zur Pflege, aber auch in höher qualifizierte Tätigkeiten im Gesundheitssektor zugewandert. Der Anteil des produzierenden Gewerbes ist sehr klein, es gibt kaum Ingenieure und Hightech-Leute. Das deutet daraufhin, dass viele der Zuwanderer aus Südeuropa unter ihren Qualifikationen arbeiten. Allerdings sind Migranten sehr häufig sehr jung, was bedeutet, dass dies nicht von Dauer sein muss.

Wie ist die Qualifikation denn?
Die Qualifikation der Zuwanderer nach Deutschland ist ganz erheblich gestiegen. 43% haben einen Hochschulabschluss, im Vergleich zu 28% in der deutschen Bevölkerung. Allerdings haben auch 25% der Zuwanderer keine abgeschlossene Berufsausbildung, das ist ein höherer Anteil bei den Geringqualifizierten.

Ist es schwierig, die erworbenen Qualifikationen anerkennen zu lassen?
Aufgrund der verschiedenen Ausbildungssysteme, die wir in Europa haben, ist es schwierig, Abschlüsse anzuerkennen. Woanders existieren Systeme wie das duale System nicht. Im Hochschulbereich ist das ein wenig leichter. Die Wege zur Anerkennung sind sehr schwierig: Sie kostet Geld, der Ausgang ist ungewiss.

In welche Formen von Arbeit wird zugewandert?

Das wissen wir nicht im Detail. Für osteuropäische Arbeitnehmer war der Anteil der Leiharbeit sehr hoch. Der ist aber inzwischen deutlich gesunken. Das spricht dafür, dass gerade am Anfang für Migranten Leiharbeit attraktiv ist, um überhaupt Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Über befristete Beschäftigung haben wir leider keine Daten, aber ich gehe davon aus, dass der Anteil überdurchschnittlich ist.

Wie lange dauert die Migrationsphase?

Unterschiedlich. Es geht ja von Saisonarbeitskräften bis zu Menschen, die ihr ganzes Leben hier verbringen. Es gibt aber generell einen Trend, dass Migration immer temporärer wird.

INTERVIEW: CHRISTIAN WERTHSCHULTE

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