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Schlammschlacht: Die Kölner Sludge-Band Groll im Tsunami Club
Foto: Rebecca Ramlow

Mama und Papa auf LSD

12. Juni 2017

Geträumter Matsch: Groll & Arbouretum im Tsunami – Konzert 06/17

Drei Jungs betreten die Bühne. Der Sänger und Gitarrist, der ein bisschen wie Jesus ausieht, schreit mit langer Haarmatte etwas ins Mikro. Der nicht allzu ambivalente Bandname Groll lässt bereits darauf schließen, dass man es hier heute nicht mit ruhiger entspannter Yoga-Musik zu tun hat. Zumindest zunächst nicht. Stattdessen gehört die dreiköpfige Hardcore-Punkband aus dem Kölner und Dortmunder Raum, die 2012 gegründet wurde, der sogenannten „Sludge“-Szene an. Metal-Matsch vom Feinsten. Headbanging mit Langhaarmatte kopfüber ins Verderben. Ihre deutschsprachigen sehr flotten Lieder heißen „German Angst 1+2“, „Allesfresser“, „Das frisst mir Kraft“, „Schatten“ oder auch „Ohne Worte“ und handeln natürlich vom Weltuntergang. Black Metal angesiedelt irgendwo zwischen Wut und Verzweiflung. Doch ganz so leicht sind die Jungs und ihre Musik doch nicht zu fassen. So sorgt die emotionale und musikalische Bandbreite nicht etwa für Langeweile, sondern eher für ein paar Fragezeichen und für Abwechslung. Groll, die 2013 ihre Demo-CD herausbrachten, sind nichts für musikalisch Zartbesaitete, aber Musikliebhaber, die gerne harte, schnelle und laute Gitarrenriffs mögen, kommen durchaus auf ihre Kosten.

Entspannend anders ist die anschließend auftretende Indie-Folk- oder auch „Stoner-Rock“-Band Arbouretum aus dem amerikanischen Baltimore, die fast ein bisschen wie die entspannende Pille nach dem Sturm wirkt. Ihr Bandname „Arbour“ stammt wohl von dem Wort „arbor“ = Baum ab. Rockpsychodelisch angehaucht erinnern sie irgendwie an die 68er. Mama und Papa heimlich LSD konsumierend auf einem Freie-Liebe-Festival. Und tatsächlich ist die Musik um den Leadsänger und Gitarristen Dave Heumann, der die Band 2002 gründete, insbesondere ihr viertes Album „The Gathering“, an das „Rote Buch“ Carl Gustav Jungs angelehnt. Jenes geheimnisvolle Tagebuch, in welchem der Tiefenpsychologe seine Texte, Wachfantasien und Bilder experimentell verewigte. Das, was später als Auseinanderset­zung mit dem Unterbewussten publik wurde. Das Unterbewusstein traumhaft in Musiksequenzen umgesetzt.


Psychodelisch angehaucht: die Band Arbouretum, Foto: Rebecca Ramlow

Die Stücke, die z.B. „Down by the Fall Line“,„Coming Out of the Fog“, „Destroying to Save“ oder „Song of the Rose“ heißen, sind häufig symbolhaft mit Elementen aus der Natur verbunden und sehr abwechslungsreich:mal langsamer und ruhiger, dann wieder lauter und tragender, mal folkig angehaucht, dann wieder rockig. Zwischendurch virtuose Solostücke und die notorisch hohe Stimme Heumanns, die dem Ganzen eine schöne Melancholie und einen depressiven Touch verpassen. Die zum Teil sehr langen, nicht enden wollenden Instrumentalteile erinnern dabei teilweise an Musik von den Doors und ihr nicht endendes „The End“. Irgendwie hypnotisierend.

Die ganze Zeit über wird man als Zuhörer die Illusion nicht ganz los, versehentlich mit seinen Eltern auf einem LSD-Trip in den 60er Jahren hängengeblieben zu sein. Sowie den Drang, sich ebenfalls ein paar Drogen einzuwerfen, um das Unterbewusste von nun an besser zu erforschen. Diese Jungs aus Maryland und ihre psychodelische bis mystische Musik möchte man irgendwie näher kennenlernen.

Groll und Arbouretum: Unterschiedlicher könnten zwei Bands wohl nicht sein, aber genau in diesem Kontrast liegt der Reiz dieses Abends. So sind die Jungs und Mädels, die vorher noch headbangten, am Ende eher ganz entspannt. Aber vielleicht haben sie auch nur Drogen genommen. Oder vielleicht ist ja auch alles nur geträumt. Da müsste man jetzt mal sein Unterbewusstes zu befragen.

Rebecca Ramlow

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