Seit 1986 gibt es bereits die Berliner Band Mutter um den Sänger Max Müller. Also beinahe schon eine Großmutter. Der brachiale Noiserock ist inzwischen altersgemäß ruhigeren Tönen gewichen. Das neue Album „Text & Musik“ lässt dennoch die Mutter‘sche Dringlichkeit nicht vermissen – weder in Text noch in Musik (1.11., 20 Uhr, Luxor). Johnny Marr, Gitarrist bei The Smiths und später bei The The, Electronic und Modest Mouse, hat im Gegensatz zu seinem Smiths-Kollegen/Kontrahenten Morissey erst spät eine Solokarriere gestartet, die mit zwei Top-Ten-Alben in den letzten beiden Jahren aber recht gut startete. Smash-Hits wie „Easy Money“ dürften im Club als Stimmungsmacher bestens funktionieren (2.11., 20 Uhr, Luxor). Alle Jahre wieder kommt der heilige Vitus nach Köln: Die amerikanische Doom-Metal-Legende Saint Vitus kann sich mit ihrem an Black Sabbath geschultem Zeitlupenmetal hierzulande auf eine treue Fanbasis verlassen, die von den alten Herren eine Pathosdusche erhält (3.11., 20 Uhr, Luxor).
Der Norweger Sondre Lerche ist bekannt für seine nostalgischen Songs, mal im Crooner-Style, mal fluffig im fröhlichen Uptempo. Dass es auf seinem neuen Album „Please“ am Rande auch zu einigen harschen Dissonanzen kommt, liegt wahrscheinlich daran, dass es sein Trennungsalbum zur Scheidung von der Schauspielerin Mona Fastvold ist und zu allem Übel auch noch auf dem zuvor gegründeten eigenen Label Mona Records erscheint. Dafür klingt Sondre aber immer noch verhältnismäßig fröhlich-aufgedreht, und Vergangenheitsbewältigung kann auf der Bühne ja sehr unterhaltsam sein (4.11., 20 Uhr, MTC). Die vielköpfige Weltmusik-Combo 17 Hippies gibt es seit Mitte der 90er Jahre. Durch ihren Auftritt in Andreas Dresens Film „Halbe Treppe“ wurden sie 2002 auch überregional bekannt. Seitdem verästelt sich das lockere Kollektiv auch gerne in Seitenprojekte. Im Mai ist ihr neuestes Album „Biester“ erschienen, das einen Schwerpunkt auf tanzbare Musik aus Mexiko legt (17.11., 20 Uhr, Gloria). Das Hip-Hop-Trio Deltron 3030 hat vor vierzehn Jahren ein beeindruckendes Konzeptalbum veröffentlicht. Der Nachfolger von Rapper Del, DJ Kid Koala und dem Produzenten Dan the Automator erschien erst im letzten Jahr, hat aber wieder für einige Aufregung gesorgt (25.11., 21 Uhr, Bürgerhaus Stollwerk).
Das Week-End Festival hat sich in den letzten drei Jahren vor allem durch seine liebevolle Kuration eines Line-ups jenseits des Durchlauferhitzers, den wir Festivalbetrieb nennen, einen Namen gemacht. Als erste Klammer des Programms fungiert der Afro Beat, der sich vermehrt in den letzten 15 Jahren in Indieproduktionen eingeschlichen hat, aber auch zu Zeiten der New Wave Konjunktur hatte. Aus den 80er Jahren kommen Legenden wie ESG oder A Certain Ratio angereist, weniger weit haben es Bands wie Teenage Fanclub, The Clientele, die Kölner Von Spar oder Owen Pallett sowie Mdou Moctar mit seinem Wüstenblues. Ganz frisch dabei sind der gebürtige Sudanese Sinkane oder die Spoken Word-Künstlerin Kate Tempest, die ihre Lyrics mit Band musikalisch unterlegt. 15 Acts spielen an den drei Tagen, dazu gibt es solche Dreingaben wie Jarvis Cocker (Pulp) mit einem nächtlichen DJ-Set, Aftershow-Parties oder zwei Filmscreenings am Sonntag. Als zweite Klammer fungiert Brian Enos zweites Soloalbum „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ von 1974, zu dessen 40. Geburtstag etliche der Bands an den drei Tagen jeweils ein Stück covern. Das stimmige Konzept wird auch im vierten Jahr wieder für beste Unterhaltung und große Pop-Momente sorgen. Sicherlich das musikalische Herbst-Highlight (27.-29.11., Stadthalle Mülheim).
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