
Ein Mann von Welt
Norwegen 2010, Laufzeit: 107 Min., FSK 12
Regie: Hans Petter Moland
Darsteller: Stellan Skarsgård, Bjørn Floberg, Gard B. Eidsvold u.a.
Eine dusselige Blondine verbeult ungeschickt ein parkendes Auto. Als sie aussteigt, stellt sie der Unfallgegner gar nicht groß zur Rede, sondern entsorgt sie wortlos und kopfüber im nächsten Müllcontainer. Nein, das ist nicht die feine englische Art. Aber das hier ist auch kein feiner englischer Film. Der Film kommt aus Norwegen, und er will nichts anderes sein als nordisch: Skurril, versoffen, schwarzhumorig. Da haben Schöngeister wenig Platz, und diese Komödie schert sich fürwahr recht wenig um politische Korrektheit und Etikette. Für den Zuschauer stellt sich nur die Frage, inwiefern er das lustig findet. Tut er das, dann hat er deutlich mehr von diesem Film.
Der besagte Autobesitzer heißt übrigens Jensen (Bjørn Floberg), und ist ein minderbemittelter Kleinstadtganove. Als er Wind davon bekommt, dass sein alter Freund Ulrik (Stellan Skarsgård) nach zwölf Jahren aus dem Gefängnis gekommen ist, heftet er sich an dessen Fersen und will ihn zu einem Rachefeldzug überreden. Ulrik ist nämlich dereinst von einem Freund verraten worden. Nur ist Ulrik an solcherlei Maßnahmen nicht interessiert – er will neu anfangen, und das möglichst ehrenhaft. Doch bereits die Annäherung an seinen Sohn gestaltet sich als schwierig. Es sind vielmehr unerwünschte Offerten, die allerorts auf ihn lauern, nicht zuletzt seitens der neuen Vermieterin, einem unwirschen Ekel, das in Ulrik ihren Romeo sieht. Ulrik wandelt durch einen Ort verlorener Seelen, die sich ihrem kleinen Alltagstrott unterworfen und ihre Sehnsüchte über Bord geworfen haben. Hier geschieht alles nur noch leidenschaftslos – allen voran der Sex, der schon lang nicht mehr so unsexy war.
Der Film spiegelt unterschwellig allerhand soziales und zwischenmenschliches Elend. Die Vermieterin, die zum triebgesteuerten Es mutiert ist, die Kollegin aus der Autowerkstatt, die von ihrem Mann geschlagen wird, der eigene Sohn, der Ulrik gegenüber seiner Frau verleugnet. Ein unschöner Sumpf inmitten einer trostlosen, unbedeutenden Kleinstadt, in der der Held wieder Fuß fassen will. Trotzdem hat Regisseur Hans Petter Moland für seinen Film auf der Filmkunstmesse Leipzig den Publikumspreis sicherlich nicht deswegen bekommen, weil er hier eine um Realitätsnähe bemühte Milieustudie betreibt. Nein, das Milieu ist ihm der Unterbau für eine aberwitzige Geschichte, durch die er seine bis hin zu den Nebendarstellern famosen Figuren schickt. Das ist so dicht inszeniert, dass man den Mief riecht. Aber die Angelegenheit bleibt für den Betrachter schmerzfrei, denn es ist der Spaß, der hier zählt.
Manchmal, ganz selten, wenn sich der passive Held mal ernst und grüblerisch gibt, scheint Moland sogar Tiefe zu suchen. Aber das Ganze ist zu böse für ein Melodram und zu trivial für eine Tragödie. Nein: Das ist skurril, nicht mehr und nicht weniger. Skurril und gut.
(he)

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