Die Spielwütigen
Deutschland 2004, Laufzeit: 108 Min., FSK 0
Regie: Andres Veiel
Darsteller: Prodromos Antoniadis, Constanze Becker, Karina Plachetka, Stephanie Stremler
Alle, die immer noch davon träumen, Schauspieler zu werden, sollten sich diesen Film ansehen. Aber auch alle Anderen, denn Andres Veiel hat einen Riecher für deutsche Themen.-> Die Kluft zwischen Anspruch und WirklichkeitVier Protagonisten begleitet Veiel über sechs Jahre. Sieben Monate verbringt er im Schnitt. Er montiert Szenen, die wie ein Spielfilm anmuten, obwohl er nur mit einer einzigen Kamera arbeitete. Veiel betreibt Film als experimentelle Anthropologie. Seine Versuchskaninchen: Prodromos Antoniadis, Constanze Becker, Karina Plachetka und Stefanie Stremler. Veiel zeigt die grotesken Seiten der großen Träume. Etwa indem er alle vier dabei beobachtet, wie sie die einstudierten Rollen für die Aufnahmeprüfung ihren Eltern vorspielen. Da sind die Rückmeldungen noch bunter als die unterschiedlichen sozialen Niveaus: von proletarisch über piefig bis zum Akademikerhaushalt. Die Höhen und Tiefen der vier Proto-Schauspieler-Laboranten bestimmen die Dramaturgie des Filmes. Veiel entlarvt die tradierten Floskeln der Schauspieler. Er dreht, wenn die Lehrer der Schule bisweilen bösartig und kalt, aber auch liebevoll und intelligent Kritik äußern und aus seinen vier Menschen Schauspieler formen. Die Nähe zu seinen Protagonisten bietet tiefe Einblicke in die komplexen Zusammenhänge der Schauspielkunst. Alle vier entwickeln ihre eigene Facette. Constanze in ihrer Ernsthaftigkeit, Prodromos in seiner Rebellion und Karina über ihre Körperlichkeit. Stefanie bildet eine Ausnahme. Im ersten Jahr wird sie nicht direkt aufgenommen und verbringt ein Jahr mit Bewerbungstourismus an den Schauspielschulen der Republik. Schließlich klappt es doch an der "Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin".Gleich zu Beginn zeigen die Dozenten an der Ernst Busch, dass ein scharfer Wind weht. Berüchtigt sind die sogenannten Fähnchen, die jeder Schüler bekommt, wenn er eine Aufgabe nicht zur Zufriedenheit der Lehrer abliefert. Bei drei Fähnchen fliegt er. Nicht wenige der Schüler beschleicht das Gefühl, dass an der Ernst Busch zuerst der Wille gebrochen wird, bevor ein Schauspieler entstehen kann. Der Erfolgsdruck verdichtet Veiels Film und schafft aus dem uferlosen Material interessante Reibungsflächen. Alle vier Protagonisten erreichen etwas. Und auch oder gerade deshalb, weil sie nicht aufgegeben haben auf ihrem Weg. Das ist nicht die schlechteste Botschaft. Und auch Andres Veiel nimmt mehr als nur Erfahrung aus seinem Projekt mit.
(Götz Leineweber)
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24