Es mag eine Binsenweisheit sein, aber man muss es immer wieder sagen: Gesellschaftliche Vorstellungen lagern sich nicht nur in unseren Hirnen ab, sondern auch in unseren Körpern. Adaptierte Bewegungen tragen nicht nur Wertvorstellungen weiter, sondern richten die Körper auch passgenau zu. Das Diphtong-Team um die künstlerischen Leiterinnen Stephanie Felber und Nikos Konstantakis widmen sich in ihrer neuen Produktion „Fem:me“ dem Frauenbild der 1950er Jahre.
„Die Frauenbilder der 1950er Jahre waren immer aktuell und werden bis heute unbewusst durch die Gesellschaft immer wieder reproduziert“, sagt Nikos Konstantakis. Eher durch einen Zufall ist er auf die Romane um die Frauenfigur Pucki von Magda Trott gestoßen. Einer Autorin, die zunächst feministische Romane schrieb, später sich dem NS-Frauenideal unterwarf und über ihren Tod 1945 hinaus wirkmächtig blieb. Nikos Konstantakis: „Das sind Bücher für junge Mädchen, in denen Magda Trott beschreibt, wie eine Frau zur Hausfrau und Mutter wird und darin ihre Erfüllung findet“. Stephanie Felber verweist auf die bis heute an Frauen gestellte Frage nach dem Kinderkriegen und die darin enthaltenen gesellschaftlichen Erwartungen. Man bleibe immer damit konfrontiert, selbst wenn man für sich diese Frage beispielsweise abschlägig beantwortet habe. Das lässt sich bis in immer wieder reproduzierte Körperhaltungen verfolgen: „Es gab und gibt“, so Stephanie Felber, „bestimmte Bewegungscodes im Sitzen, Gehen und Stehen, die den weiblichen Körper bis heute wie in einem Korsett einzwängen“.
Mit diesen Codes, die das Team vor allem Werbefilmen der 1950er Jahren entnommen hat, sowie mit Textpassagen aus den Pucki-Büchern von Magda Trott arbeitet das Diphtong-Team. Die Gründe für den Rückgriff auf Frauenbilder der 1950er Jahre sind politischer Natur, so Nikos Konstantakis: „Wir leben in Zeiten, die die Menschen stark verunsichern, und da liegt es nahe, alte Regeln und Muster zu reproduzieren, die man schon kennt“. Beide sprechen von „Masken“, die wie ein Layer funktionieren. Gerade die sozialen Medien hätten die Bilder nicht nur verbreitet, sondern, so Stephanie Felber, auch „die Möglichkeit geschaffen, das Ganze mehr zu inszenieren“. Was echt und was Inszenierung ist, bleibt dabei den Usern überlassen – wie im Theater.
Fem:me | R: Nikos Konstantakis, Stephanie Felber | 6. - 9.6. | Alte Feuerwache | 0221 97 31 55 10
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