Was braucht es noch, um dich wütend zu machen? Das ist keine einfache Frage, sondern ein Untertitel. Reichen die Vorgänge eines Mobs in der Silvesternacht in Köln, reichen vielleicht die verheimlichten Vorgänge in Berlin? Oder geht es uns besser, wenn wir erfahren, dass in derselben Nacht in Chemnitz ein 13-jähriges tunesisches Mädchen von Nazis krankenhausreif getreten wurde? Diese Fragen darf man sich gar nicht erst stellen. Spätestens wenn man im Bonner Frauenmuseum neben „One in Three“ auch die Ausstellung „Die Dinge beim Namen nennen – Gewalt gegen Frauen im Alltag“, die von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) organisiert wurde, gesehen hat, dann weiß man worum es weltweit eigentlich immer geht: um Zwangsprostitution, sexuellen Missbrauch, Frauenhandel, Zwangsehe, Kinderheirat, Genitalverstümmelung und häusliche Gewalt, eine gruselige Liste also. „1 in 3 – What does it take for you to be outraged?“ ist erstmals in Deutschland zu sehen und der Ausstellungstitel spielt auf ein Tabuthema an: Eine von drei Frauen wird nämlich immer Opfer von Gewaltanwendungen. Und in der Liste ist die Kindersoldatin, die man in der ersten Etage des Frauenmuseums zuerst wahrnimmt, nicht einmal vertreten. Ihr Portrait hängt in unmittelbarer Nähe von Ellen Johnson Sirleaf, der liberischen Friedensnobelpreisträgerin von 2011, selbst auch nur mit viel Glück einer Vergewaltigung entkommen.
Die zentrale visuelle Installation aber sind großformatige Fotografie-Fahnen von brasilianischen Männern, die darauf alle Tafeln präsentieren: „Real men don´t beat women“. Weltweit ist diese Kampagne auch von Hollywoodgrößen wie Ashton Kutcher, Jamie Foxx und Sean Penn und vielen anderen unterstützt worden. Auch mit unterschiedlichen Sprüchen: „Real men don´t buy girls“. Gleich dahinter sitzen die zwei schwarzenAufanischen Matronen von Museumschefin Marianne Pitzen an einem Tisch. Die keltische Göttinnen, die zur Römerzeit in Bonn verehrt wurden, klagen heute die Weltgemeinschaft an, Frauenleben nicht schützenswert zu finden. Kaum zu glauben: Selbst in Deutschlandist eine sexuelle Handlung gegen den ausdrücklichen Willen einer erwachsenen Person bisher nicht immer strafbar. Nur wenn entweder körperliche Gewalt angewendet wird, mit Gewalt gedroht wird oder eine schutzlose Lage ausgenutzt wird, droht vielleicht das Gefängnis. Einfach nur „Nein“ zu sagen reicht dafür nicht. Kein Wunder, dass nach den Kölner Vorfällen die Verkaufszahlen für Pfefferspray in die Höhe schnellen.
Und während die Besucher durch die informative wie emotionale Ausstellung streifen, klackert es fast seriell und aufgeregt hinter einem Vorhang. Bei mehr als ein Dutzend KünstlerInnen ist der allerdings nicht schnell zu finden, er verhüllt allerdings nicht, sondern verdunkelt Anna Sophie von Hollebens Video-Animation „Rächerinnen“ (2014), in der indische Frauen sich gegen die Vergewaltiger wehren, sie verfolgen und – „sie zu Kleinholz machen“. Eine ganz zauberhafte Idee.
„1 in 3 – What does it take for you to be outraged?“ | bis 8.3. | Frauenmuseum Bonn | 0228 69 13 44
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