Mittwoch, 23. November: Die 1983 im nordrhein-westfälischen Borken geborene Mareike Wegener arbeitet schon seit einigen Jahren erfolgreich als Produzentin und Autorin. So schrieb sie beispielsweise die Drehbücher zu den Dokumentarfilmen „Mark Lombardi – Kunst und Konspiration“ und „I Want to See the Manager“ oder produzierte Carmen Losmanns preisgekrönte Dokumentation „Oeconomia“. Bereits 2011 fasste sie den Entschluss, das Drehbuch zu ihrem Langfilmdebüt als Regisseurin, „Echo“, zu schreiben und stellte hierfür erste Förderanträge. Wie Wegener nun bei der NRW-Premiere ihres Films in Köln erzählte, war davon 2013 der erste erfolgreich. Dass es dennoch knapp weitere zehn Jahre bis zur Uraufführung von „Echo“ gedauert hat, läge an mehreren Faktoren. Einer davon war die Tatsache, dass Wegener parallel dazu auch immer Filme für andere Regisseur:innen produziert habe. Und auch die durch die Auflagen wegen der Corona-Pandemie eingetretenen Beschränkungen hätten die Produktionszeit weiter verzögert. Im Filmhaus Köln verriet die Filmemacherin am Abend, dass sie einige ihrer Teammitglieder, die zur Filmpräsentation ebenfalls anwesend waren, nun zum ersten Mal ohne Maske sehen würde und einige von ihnen deswegen gar nicht sofort erkannt habe. Aufgrund der langen Produktionszeit konnte Wegener Moderator Markus Seibert gar nicht mehr genau erklären, wie es zur Initialzündung für das Projekt gekommen sei. „Ich war auf jeden Fall inspiriert von der Demenz meiner Großmutter, die sich irgendwann nur noch an ihre Angst während des Zweiten Weltkriegs erinnern konnte. Deswegen wollte ich der Frage nachspüren, wie sich Kriege aus der Vergangenheit ins Hier und Jetzt tragen“, so die Regisseurin.
Vor- und Nachteile der Corona-Beschränkungen
Die verschiedenen Teilhandlungen und Komponenten des Films seien über die Jahre gewachsen und hätten die Geschichte bereichert, wobei nicht alle Stränge auserzählt sind und einige im fertigen Film nun nur noch angedeutet werden. Der Grundplot sei von einem Moorleichenfund in Niedersachsen inspiriert, von dem Wegener in einem Zeitungsartikel gelesen habe, und der zu Kriminaluntersuchungen geführt habe, bevor man herausfand, dass es sich bei dem menschlichen Körper um einen archäologischen Fund handelte, der rund zweitausend Jahre alt war. Wegener war es darüber hinaus auch wichtig, sich ganz klar von den Gesetzmäßigkeiten eines Fernsehkrimis abzugrenzen, die uns die kriminaltechnischen Ermittlungen in schöner Regelmäßigkeit am Sonntagabend ins eigene Wohnzimmer bringen. Deswegen recherchierte sie auch nicht dazu, wie diese Ermittlungen in der Realität ablaufen, sondern legte größeren Wert auf ausdruckstarke Bilder und die Erschaffung einer ganz eigenen (Film-)Welt. Dazu trug sicherlich auch der stimmungsvolle und ungewöhnliche Score von Thom Kubli bei, mit dem Wegener zuvor bereits bei ihrem Kurzfilm „X“ zusammengearbeitet hatte. Der Soundtrack wurde zunächst elektronisch vorproduziert und „anschließend von der WDR-Bigband eingespielt, die in der Corona-Zeit wenig zu tun hatten und deswegen problemlos eingesetzt werden konnten“, erläuterte die Filmemacherin.
In Limitationen arbeiten
Ihr langjähriger Produzent Hannes Lang ergänzte, dass „Echo“ ohnehin ein schwer zu finanzierender Film gewesen sei, was durch die Corona-Bedingungen noch viel schwieriger geworden wäre. „Insgesamt sind wir aber gut durchgekommen, und für viele der bei unserem Dreh beteiligten Profis war es schon ganz normal, auf diese Weise zu drehen“, so Hannes Lang. Auf eine Frage aus dem Publikum, warum der Film im Vollbildformat gedreht wurde, antwortete Mareike Wegener: „Im Fernsehen wird das Bild immer breiter, und alles soll immer nach Kino aussehen Das Vollbildformat lässt Dinge weg, und auch Erinnerungen sind etwas Mosaikhaftes, das sich aus vielen kleinen Teilen zusammensetzt. Außerdem macht es mir Spaß, in Limitationen zu arbeiten.“ Und auch für den pinkfarbenen Rauch, der immer wieder durchs Bild wabert und die Angstzustände der Protagonistin symbolisiert, hatte die Filmemacherin eine Erklärung parat: „Diese Rauchfackeln, die es in den unterschiedlichsten Farben gibt, werden in Kriegseinsätzen gezündet, damit man sich in ihnen verstecken oder aber auch auf sich aufmerksam machen kann. Im Film habe ich hierfür die Farbe Pink gewählt, weil sie einen tollen Kontrast bildete zu den Farben der Landschaften, in denen wir gedreht haben.“ Wegeners Film „Echo“ startet in dieser Woche auch regulär in den Kinos und ist in Köln weiterhin im Filmhaus zu sehen.
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