Natürlich ist Gert Fröbe im Jahr 2012, in dem die „James Bond“-Filme ihr 50jähriges Jubiläum feiern und Daniel Craig mit seinem dritten Einsatz als Geheimagent 007 in „Skyfall“ alle Rekorde bricht, auch wieder in aller Munde. Wie könnte man bei all den Retrospektiven, Hommagen und Sonderberichten zum Jubiläum den Bond-Gegenspieler vergessen, der im dritten Film der Reihe 1964 die Blaupause für so viele Superschurken lieferte, die noch folgen sollten: „Goldfinger“. Der Schauspieler, der damals von den Produzenten Harry Saltzman und Albert R. Broccoli für die Rolle ausgewählt wurde, war in der Nähe von Zwickau in Sachsen zur Welt gekommen und war der englischen Sprache eigentlich gar nicht mächtig. Gert Fröbe hatte bei den beiden trotzdem Eindruck hinterlassen, maßgeblich durch seine Interpretation des verschlagenen Kindermörders Schrott in der Friedrich-Dürrenmatt-Verfilmung „Es geschah am hellichten Tag“. Sie wollten ihn für die Rolle des Auric Goldfinger, und dass man ihn am Ende in der englischen Originalfassung von Michael Collins nachsynchronisieren ließ, tat der Weltkarriere keinen Abbruch, die Gert Fröbe spätestens mit dieser ikonografischen Rolle zuteil wurde.
Fröbes anfängliche Bedenken, im James-Bond-Universum mitzumischen, beruhten nicht nur auf seinen schlechten Englischkenntnissen, sondern auch auf der Tatsache, dass er die Rolle des Bösewichts eigentlich mittlerweile satt hatte. Seine damalige Ehefrau Beate konterte, dass es sich bei diesen Agentenstreifen doch nur um Märchen für Erwachsene handele und es selten genug vorkäme, dass man als Gegenspieler die Titelrolle eines Films verkörpern dürfe. Mit der Zeit zeigte sich auch für Fröbe, dass er mit der Zusage keinen Fehler begangen hatte, denn seine internationale Popularität wuchs ab 1964 beständig und bescherte ihm schon wenig später einige hierzu sehr gegensätzliche Rollen in Komödien wie „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ oder „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“. Dass der Mann, der seine Künstlerlaufbahn noch während seiner Schulzeit als Stehgeiger in Amüsierlokalen begonnen und später eine Ausbildung zum Bühnenmaler absolviert hatte, lieber laut und polternd als subtil und leise zu Werke ging, ist in den meisten seiner Arbeiten offensichtlich. Fröbe war ein geborener Clown, ein Spaßmacher und Körperschauspieler, der neben seinen unzähligen Filmrollen auch als originellster Interpret der satirischen Gedichte von Christian Morgenstern in lebhafter Erinnerung geblieben ist.
Im nächsten Jahr, 2013, geht es mit den runden Jubiläen weiter, wenn sich nicht nur Gert Fröbes Todestag zum 25. Mal jährt, sondern der gewichtige Mime von Weltruf auch seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Das dürfte auch der Grund sein, warum nun fast zeitgleich mit Michael Strauvens „Jedermanns Lieblingsschurke“ und Beate Strobels „Vom Stehgeiger zum Goldfinger“ zwei Biografien über Fröbe erschienen sind. Neben seinen eigenen Erinnerungen und einem 30 Jahre alten Band aus der Heyne Filmbibliothek sind dies die bislang ersten monografischen Publikationen über den Darsteller in deutscher Sprache. Der direkte Vergleich der beiden Bücher macht deutlich, dass beide Autoren ausführlich recherchierten und sich mit den letzten Überlebenden unterhielten, die Fröbe noch persönlich gekannt hatten. Strobels rund 190seitige Biografie ist recht salopp geschrieben und deswegen gut lesbar. Die Autorin zitiert in ihrem Band auch immer wieder aus Fröbes Memoiren und der noch zu Lebzeiten Fröbes veröffentlichten Biografie, ein wissenschaftlicher Ansatz, der mit einem massentauglichen Schreibstil unterhaltsam umgesetzt wurde. Dass es auch den schwierigen privaten Fröbe gab, der selbst seinen engsten Vertrauten oft Rätsel aufgab, wird bei Strobel nur kurz behauptet als wirklich fundiert dargelegt. Hier und in einigen weiteren Punkten geht Michael Strauvens Buch ein paar Schritte weiter. Der renommierte Fernsehjournalist (ARD-Reihe „Legenden“) findet ein paar deutlichere Belege für das zwiespältige Image des Schauspielers, die er allerdings auf sehr feinfühlige Weise offen legt. Darüber hinaus hinterfragt er so manche biografische Information lieber doppelt, bevor er sie ein weiteres Mal einfach übernimmt, da er weiß, dass Fröbe zum Fabulieren neigte und auf diese Weise etliche Fehlinformationen in seine Biografie einsäte. Bei seinen Recherchen standen Strauven auch Fröbes Tonbandaufnahmen zur Verfügung, die seinem Ghostwriter in den 80er Jahren für dessen Memoiren als Grundlage dienen sollten, die es dann aber doch nicht alle ins fertige Buch geschafft hatten. Auch durch diese Dokumente werden einige neue Facetten des vielseitigen Mannes offensichtlich. Wer also etwas tiefer in die faszinierende Lebensgeschichte des Weltstars aus Sachsen eintauchen möchte, dem sei das mit rund 250 Seiten etwas dickere und noch eindrucksvoller bebilderte Buch von Michael Strauven empfohlen.
„Jedermanns Lieblingsschurke – Gert Fröbe. Eine Biographie“ von Michael Strauven, Rotbuch Verlag Berlin 2012, ISBN 978-3-86789-165-3 und „Gert Fröbe – Vom Stehgeiger zum Goldfinger“ von Beate Strobel, Braumüller Verlag Wien 2012, ISBN 978-3-99100-078-5
Der Filmclub 813 zeigt ab Anfang Februar einige von Fröbes besten Filmen, darunter „Berliner Ballade“ (6.2.), „Es geschah am hellichten Tag“ (22.2.) und „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ (20.2.).
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