Dienstag, 14. November: Im Anschluss an den alljährlich in Köln stattfindenden Filmkongress, bei dem Fragen zur Zukunft des Kinos diskutiert und sich mit neuen Formen des Filmmarketings beschäftigt wurde, verlieh die Film- und Medienstiftung NRW im Gloria-Theater am Abend Prämien an die besten Kinobetreiber des Landes. Insgesamt 66 Kinos aus 40 Städten in ganz Nordrhein-Westfalen hatten sich für die Ehrungen qualifiziert, die in sechs Blöcken vergeben wurden und bei denen eine Gesamtfördersumme in Höhe von EUR 429.000 ausgeschüttet wurde. Petra Müller, die Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, würdigte in ihrer Ansprache die „Leidenschaft, Sorgfalt und Erfahrung der Kinobetreiber, die wir in diesem Jahr zum 27. Mal feiern.“ Insgesamt 56 Kinos waren in den Segmenten mit Prämien bis hin zu EUR 10.000 vertreten, sieben Kinobetreiber konnte die Jury überzeugen, ihnen Prämien bis zu EUR 14.000 auszusprechen, darunter das Kölner Odeon-Kino von Jürgen Lütz, die Lichtburg in Oberhausen und das Endstation-Kino in Bochum. In die Spitzenprämienkategorie von bis zu EUR 16.000 hatten es drei Kinos geschafft: das Kino in der Brotfabrik in Bonn (Sigrid Limprecht und Ulli Klinkertz), die Filmpalette in Köln (Joachim Kühn und Dirk Steinkühler) und das Cinema in Münster (Jens Schneiderheinze und Thomas Behm).
Damit der Abend auch für das Publikum kurzweilig und abwechslungsreich verlief, hatte man sich mit dem 1Live-Moderator Andreas Bursche einen versierten Fachmann als Gastgeber ausgesucht. Dessen gewitzte und professionelle Moderation ließ keinen Leerlauf entstehen und wurde von der Musik der Funky Flairs wie schon in den Vorjahren wirkungsvoll unterstützt. Traditionell konnten die Veranstalter für das Überreichen der Urkunden auch wieder einige prominente Paten gewinnen, die bei dieser Gelegenheit Ausschnitte aus ihren kommenden Filmen vorstellten, die mit Unterstützung der Film- und Medienstiftung auch in Nordrhein-Westfalen entstanden waren. So hatten die Schwestern Samdereli („Almanya – Willkommen in Deutschland“) den Trailer zu ihrem neuen Film „Die Nacht der Nächte“ mit dabei, der sich mit dem Eheleben jahrzehntelanger Paare auf humorvolle Weise in einem Dokumentarfilm auseinandersetzt. Yasemin Samdereli erzählte auf der Bühne: „Die Idee zum Film bekamen wir über unsere Großeltern. Wir hatten schon immer eine Faszination für diese Generation. Beim Dreh wurde unser Blick auf die Liebe nüchterner, wir haben festgestellt, dass sie harte Arbeit ist.“ Regisseur Ali Soozandeh präsentierte gemeinsam mit seinen beiden Hauptdarstellerinnen Elmira Rafizadeh und Negar Mona Alizadeh sowie seinem Produzenten Ali Samadi Ahadi seinen neuen Film „Teheran Tabu“, der schon an diesem Donnerstag bundesweit in den Kinos anläuft. Wie der Titel bereits andeutet, hat sich Soozandeh darin mit den Restriktionen des Lebens in seinem iranischen Heimatland beschäftigt. Dem Moderator Andreas Bursche erläuterte er, dass man „die Fragen, wie es war, mit den ganzen Einschränkungen im Iran zu leben und wie diese unser Leben verändert haben, immer mit sich herumträgt.“ Soozandehs Film will nun versuchen, Antworten darauf zu finden.
Seit 2004 wird im Rahmen des Kinoprogrammpreises auch der Herbert-Strate-Preis verliehen, der stets an eine Person geht, die sich auf besondere Weise um das deutsche Kino verdient gemacht hat. Vor zwei Jahren wurde Iris Berben die Ehre zuteil. Berben verkündete damals schon bei der Verleihung in Köln, dass sie mit dem Preisgeld von EUR 20.000 mit der Deutschen Filmakademie ein Projekt initiieren möchte, das unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen mit Hilfe eines Filmworkshops eine schnellere und leichtere Integration in die deutsche Gesellschaft ermöglichen solle. Anne Leppin, die Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie, präsentierte nun in Köln einige dokumentarische Einstellungen dieses mittlerweile „Mix it!“ betitelten Projekts, das im Osten Deutschlands schon erfolgreich gestartet ist und nun auch auf andere Bundesländer, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, ausgedehnt werden soll. In diesem Jahr wurde der Herbert-Strate-Preis dem Filmverleiher Peter Sundarp zugesprochen, der zunächst unter Horst Wendlandt bei der Rialto- und der Tobis-Film begonnen hatte und seit 1994 mit dem Central-Filmverleih seine eigene Firma leitet. Produzentin Regina Ziegler lobte in ihrer Laudatio, dass „die deutsche Kinogeschichte der letzten 50 Jahre auch die Geschichte von Peter Sundarp“ sei. Das Urgestein des deutschen Kinos hätte nicht nur den richtigen Riecher gehabt, sondern „drei Nasen. Eine für gute Filme, eine für den Geschmack des Publikums, und eine für Fairness.“ Der Preisträger selbst ließ in einer kurzen Dankesrede seine Erfolge mit den Filmen des Duos Bud Spencer und Terence Hill sowie die Leinwandauftritte von Otto Waalkes und Loriot Revue passieren. Sundarp zeigte sich gerührt, dass die Wahl unter so vielen exzellenten Verleihern ausgerechnet auf ihn gefallen sei: „Das ehrt mich, aber ich finde es auch gut.“
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