Natürlich leben wir in Nordrhein-Westfalen in einem sicheren Land. Hier hat sich „die Zahl der Einstellungen bei der Polizei mehr als verdoppelt“, hat Kommissar Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPG), ermittelt. Hier ist dank der schwarz-gelben Sicherheitspolitik, so Wendt, die „Aufklärungsquote bei den Straftaten so hoch wie nie“. Sogar eine neue Reiterstaffel kriegen wir, vorausgesetzt, der Innenminister findet nur genügend Rosse und Reiter. Doch reicht das? Früher, erinnert sich Wendt, war alles anders. Da gab es auch „Massenschlägereien, aber wenn die Polizei dazu kam, war Schluss.“ Wendt weiß, dass „mit Schweigen niemandem geholfen ist“. Man muss die Dinge beim Namen nennen, wenn man sie kennt. Deshalb packt er aus: Heute wankt selbst in NRW in manchen Vierteln „das staatliche Gewaltmonopol“, kaum einer „akzeptiert (dort) die deutsche Rechtsordnung und ihre Vertreter“. Hinzu kommt, dass sich diese „meist jungen Männer mit türkischem oder arabischem Hintergrund“ auf „Blitzmobilisierungen“ verstehen: „Es gibt Straßenzüge in manchen Vierteln Berlins, Hamburgs, Duisburgs, Essens oder Kölns, in die sich Polizisten alleine nicht mehr hinein trauen. Wenn dort ein Beamter einen Autofahrer wegen überhöhten Tempos kontrolliert, hat der blitzschnell 40 bis 70 Freunde herbeitelefoniert.“ Und dann „muss der Rechtsstaat leider kapitulieren und sich zurückziehen“. Und „das ist bundesweit bekannt“, versichert der Kommissar.
Oh Gott, No go-Areas in Colonia! Warum stand das nicht in Express und BILD? Die Kölner Polizei wiegelt cool ab: „Es gibt in Köln keine Viertel, in die sich Polizeibeamte nicht mehr allein hineinwagen.“ Auch das „blitzschnelle“ Herbeitelefonieren von Freunden bei einer Verkehrskontrolle hat es in Köln nicht gegeben. Ansonsten sei bei Wendts Darstellung ein „direkter Bezug zu Köln nicht zwangsläufig“, meint die Pressestelle. Vielleicht seien ja andere Städte gemeint, deshalb kein weiterer Kommentar. Dasselbe in Essen. Keine gefährlichen Viertel, keine türkische oder arabische Rudelbildung. Der Polizeisprecher erinnert sich dunkel, da hat es mal eine libanesische Gang gegeben, das Problem habe man damals gelöst. Aber aktuell? Selbst aus Duisburg, der Heimatstadt von Kommissar Wendt, ist nichts Aufregendes zu vermelden. Dafür melden sich andere zu Wort. Für seine Fans von rechts außen gilt Wendt als der „Gegenpol zu den extremlinken Funktionsträgern der Polizeigewerkschaft“. Ein ganz besonderer Zuspruch kommt diesmal von der Landesvorsitzenden der Republikaner – schließlich ist sie persönlich betroffen: Ihr Gatte ist wie Wendt bei der Polizei.
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