In der Galerie Thomas Zander dreht sich in den aktuell ausgestellten Arbeiten von Candida Höfer und Lee Friedlander alles um das Prinzip des stillen Beobachtens und Betrachtens. Abgesehen von dieser prägnanten Gemeinsamkeit könnten die Arbeiten allerdings unterschiedlicher nicht sein.
Im Erdgeschoss wird man mit großformatigen Farbdrucken konfrontiert, auf denen unter anderem leerstehende Tische in einem Café, Treppenhäuser und eine Veranda zu sehen sind. Sofort werden Assoziationen mit Menschenmengen wach, die diese Orte normalerweise bevölkern. Auf den Fotografien herrscht aber Menschenleere. – Die Arbeiten der international anerkannten, in Köln lebenden Fotografin Candida Höfer (*1944) sind zwischen 2003 und 2016 entstanden und werden unter dem bezeichnenden Titel „Oberservations“ ausgestellt. Höfer bildet Räume ab – genauer gesagt Innenräume, die von der Öffentlichkeit geprägt sind oder sie selber prägen. Dabei spiegeln diese Räume eine auf öffentliche Nutzung zugerichtete Ästhetik wider. Gerade deswegen ist die Abwesenheit von Menschen besonders auffällig und eine Tatsache, die in fast jeder Arbeit der Fotografin festzustellen ist. Der verlassene Zustand der Räume bezieht sich auf ein Grundanliegen Höfers, er macht die allgemeine Präsenz von Menschen und das Verhältnis der Räume zu ihnen deutlich. Die Menschenleere in den fast minimalistisch anmutenden Darstellungen der Innenräume ermöglicht dem Betrachter ein statisches Erleben des Raumes ohne jegliche Bewegung. Die Fotografin hat also einen Weg gefunden, der Imagination des Betrachters freien Raum zu lassen
Zudem ist erstmals eine Auswahl neuer Dye-Transfer-Abzüge von Candida Höfer zu sehen. Diese in einem Edeldruckverfahren angefertigten Arbeiten zeigen Detailansichten verschiedener Innenräume. Die Darstellungen tendieren ins Abstrakte. Es spielt weniger der gegenständliche Bezug als vielmehr Licht- und Farbeinsatz eine tragende Rolle. Die Dye-Transfer-Arbeiten wurden 2016 gemeinsam mit der Galerie konzipiert.
Wo Candida Höfer in ihren Fotografien auf das Darstellen von Menschen verzichtet, bildet der amerikanische Fotograf Lee Friedlander (*1934) gezielt Menschen ab. Im Obergeschoss der Galerie ist eine Auswahl seiner schwarzweißen Straßenfotografien ausgestellt. Diese entstanden in einem Zeitraum von circa fünfzig Jahren in New York. Das aktuellste Bild ist im Jahre 2000 entstanden. Während Höfer dem Betrachter durch die Menschenleere ihrer Bilder viel Raum für die eigene Interpretation lässt, bildet Lee Friedlander konkrete Straßenszenen ab, die den American Way of Life dokumentieren. Der Blickwinkel des Fotografen bricht dabei mit dem konventionellen Verständnis von Ästhetik. Viele Fotografien hat er aus ungewöhnlichen Positionen gefertigt. So gibt es einige Bilder, die eher ungewohnte Blickführungen aufweisen, andere spielen mit Spiegelungen und Detailausschnitten. Einige der in der Ausstellung präsentierten Arbeiten Friedlanders zählen mittlerweile zu den Ikonen der amerikanischen Fotografie, andere werden das erste Mal öffentlich präsentiert. Die Ausstellung begleitet Friedlanders neustes Fotobuch „The Human Clay“.
„Observations“ von Candida Höfer und „Street – The Human Clay“ von Lee Friedlander | bis 4.2. (geschlossen 23.12.-9.1.) | Galerie Thomas Zander, Schönhauser Str. 8 | 0221 934 88 56
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