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„Aquamarin.50678“
Foto: © Angie Hiesl Produktion

Wie man das Wasser zum Rhein trägt

10. Juli 2015

Hiesl und Kaiser bieten im Rheinauhafen eine unbeschwerte Performance – Tanz in NRW 07/15

In Luxemburg, Thionville, Lüttich und in Düsseldorf haben Angie Hiesl und Roland Kaiser ihr Projekt „Aquamarin.50678“, eine Mischung aus Installationen und Performances, schon realisiert. Nur vor der Haustüre, im Rheinauhafen, dort, wo die beiden im Rhenania über das Jahr hinweg in ihrem Atelier neue Arbeiten austüfteln, konnte das poetische Wasserspiel noch nicht gezeigt werden. Die Kunststiftung NRW, die immer öfter zwischen Rhein und Ruhr in die Rolle eines Notarztes für künstlerische Belange gedrängt wird, machte es dann doch möglich. Angesichts ihres 25-jährigen Bestehens beschenkte sich die Stiftung selbst, so dass „Aquamarin.50678“ in Zusammenarbeit mit der SK Stiftung Kultur unter deren Label SommerKöln veranstaltet werden konnte.


Das wertvolle Nass, Foto: © Angie Hiesl Produktion

Eine schöne Gelegenheit für die Kölner, das Areal unterhalb der Kranhäuser kennenzulernen, das über viele Jahre hinweg vom Bauschutt beherrscht wurde und nun zur piekfeinen Immobilienadresse mutiert ist, die nicht gerade zur Volksfeststimmung anregt. Immerhin steht hier majestätisch wie eine Pyramide die stählerne Treppe von Kaiser und Hiesl, von der das Wasser munter über die Stufen fließt. Eine Installation, wie gemacht für den schmucklosen Hafenkai, auf dem es unter der Woche eher trist zugeht. Nun jedoch ist er belebt, denn die Kölner strömen über vier Tage hinweg in das Areal. Vieles findet gleichzeitig statt. Neben der Treppe steht ein Sessel aus dessen Sitzfläche des Wasser sprudelt. Wer wird sich als erster bei der sommerlichen Hitze darauf setzen? Die Passanten haben ihre Handy-Kameras schon gezückt, als sich eine der Tänzerinnen des sechsköpfigen Ensembles auf dem Sessel räkelt. Mit dem eigenen Voyeurismus wird man hier als Besucher immer wieder konfrontiert. Etwa dann, wenn die Vielzahl von Geräuschen lockt, wie das Blubbern einer Quelle, das aus den Kübeln mit Zierbüschen dringt, oder die Fließgeräusche einer Haushaltsspüle, die mit einem Mikrofon in allen Ecken des Hafens zu vernehmen sind.

Die Künstler und Tänzer des Ensembles zeigen, welch sinnliche Momente uns das Wasser bescheren kann. Dabei kommt es dann durchaus vor, dass man sich auch einmal in die Hosentaschen spuckt. Seine Unschuld hat das Wasser gleichwohl verloren, seit Konzerne wie Nestlé weltweit Quellen aufkaufen. Wasser ist zum kommerziellen Gut geworden. Die über den Kai verteilten Stationen mit etikettierten Wasserflaschen geben darüber beredte Auskunft. Angie Hiesl und Roland Kaiser werfen einen Blick auf die Funktionen und Eigenschaften dieses faszinierenden Elements. Es wird getanzt, bis die Elfen aus dem lichten Blau der Wasserflaschen auftauchen. Glasscheiben werden betanzt und man hört die Geräusche rollender Glasflaschen auf dem Beton. Vier Tage entfesselten Hiesl und Kaiser dieses freundliche Spektakel, wobei sich der Charakter der Aktionen mit dem Wetter veränderte. Beneideten viele Besucher die Tänzer während der heißen Tage um die tropfnassen Kostüme. Konnte man sich hingegen während der kühlen Tage nur schaudernd vorstellen, wie die Akteure in ihren nassen Klamotten gefroren haben müssen. Ein Erfolg ist „Aquamarin.50678“ nicht alleine, weil dieses Spektakel eine lustvolle Begegnung mit dem nassen Element bietet, die sich gleichermaßen verspielt wie reflektiert zeigt. Darüber hinaus lud die Performance zur Entdeckung eines Fleckchens innerhalb der Kölner Stadtlandschaft ein, das in der Geschichte der Stadt eine bedeutende Rolle spielt und von dem aus man heute einen tollen Blick über den Rhein hat. Es wäre ein Glück für Köln, wenn Hiesl und Kaiser diesem Wasserballett weitere Stadteroberungen folgen lassen würden.

Thomas Linden

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