„Do something good with your life“ – das ist das Schlusswort des ersten der vier Kurzfilme, die an diesem Abend Premiere in der Niehler Freiheit haben, und leitet das zentrale Thema der Veranstaltung ein. Etwas nervös stehen die zwei Mitglieder des Filmprojekts „Was Gutes“ auf der Bühne, selbst überwältigt von der großen Schar an Menschen, die den Weg bis nach Bickendorf auf das Gelände der ehemaligen Autowerkstatt und dem heutigen urbanen Kulturverein, der Niehler Freiheit, an diesem Abend auf sich genommen haben, um das Resultat ihrer Arbeit des gesamten letzten Jahres zu sehen.
„Wenn man in der Filmbranche tätig ist und viel für Werbeagenturen und Ähnliches arbeitet, bekommt man irgendwann das Bedürfnis etwas Gutes mit seiner Arbeit zu tun“, erklären die Regisseure Kamil Hertwig und Marian Hirschfeld in ihrer Ansprache. Und so entstand auch der Name des Projekts: „Man stolpert einfach immer wieder über dieses eine Wort, und am Schluss läuft es genau darauf hinaus.“ Erkennen, wo etwas Positives entsteht, es mit den Mitteln darstellen, die man am besten beherrscht, und somit zu unterstützen, war das Motiv für die Filmreihe „Was Gutes“. Zunächst führte dieses Ziel die Filmemacher Marian Hirschfeld und Kamil Hertwig, begleitet von einem Team aus befreundeten Fotografen und Kameraleuten, vor einem Jahr nach Kapstadt. Dort sind drei von den vier Filmen, die an diesem Abend zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden, entstanden. Kapstadt als Anlaufpunkt für die Umsetzung ihres Projekts zu nehmen, war keine Zufallsentscheidung.
„Als Kinder haben wir häufig Freunde in Kapstadt besucht, dadurch hat sich eine Verbindung zu der Stadt aufgebaut und mit den Jahren sind mir die Spaltungen innerhalb der Gesellschaft immer bewusster geworden – das hat mich fasziniert“, erzählt Marian Hirschfeld. Die Filmemacher haben sich einen Monat durch die Wellblechhütten-gesäumten Townships Kapstadts auf die Suche begeben, um genau die Orte aufzutun, wo etwas Gutes passiert. Wo Menschen sich gegenseitig unterstützen und Initiativen gegründet haben, um Missständen entgegenzuwirken, und mit den eingeschränkten Mitteln, die zur Verfügung stehen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Oft hat sie dann ein Projekt zum Nächsten geführt, ein Kontakt zum Anderen.
Ein Kurzfilm portraitiert Philbert, der in einer solchen Wellblechhütte einige Laptops und Computer zusammensammeln konnte, um Kindern und Erwachsenen seiner Gemeinde das Programmieren beizubringen, und ihnen damit zu einer reellen Jobperspektive zu verhelfen. Trotz des Optimismus, mit dem Philbert seinem Plan, das Projekt unter dem Namen AFTEKH weiter auszubauen, gegenübersteht, wird sehr deutlich, dass es der Initiative an sämtlichen Mitteln fehlt und auch dem Zugang, sich solche zu beschaffen. Für ein Sponsoring eines solchen Projekts bedarf es einer Medienpräsenz, die AFTEKH bisher nicht aufbringen konnte, da es so viel Anderes gibt, was Priorität hat. Durch die filmische Darstellung erhofft sich „Was Gutes“, etwas zu diesem Aspekt beizutragen. Außerdem werden alle eingenommenen Gelder des Abends durch verkauftes Essen und selbstbedruckte T-Shirts an alle vorgestellten Initiativen gespendet – das Filmteam verdient nichts an dem Event.
„Seine eigenen Skills zu nutzen, um etwas Gutes zu tun, das ist das, wozu wir Menschen ermutigen wollen, denn es geht nicht darum einfach irgendwo anzupacken, sondern gezielt das einzusetzen, was man beherrscht und womit man Andere bereichern kann“ sagt Manu Sommer-Ritz, der die Logos von „Was Gutes“ gezeichnet hat und durch Kameraarbeit und Fotographie zum Filmprojekt beiträgt. Doch es geht den Machern in ihrer Doku-Reihe nicht nur darum, soziale Projekte in weitentfernten Teilen der Welt vorzustellen, sondern auch genau dort anzusetzen wo sie selbst leben und aufgewachsen sind: in Köln. Ihr Ziel über die nächsten Monate hinweg ist es, lokale Initiativen filmisch zu begleiten und durch ihre Darstellung zu mehr öffentlicher Aufmerksamkeit und somit zu mehr Unterstützung zu verhelfen. Somit besteht auch das filmische Finale der Serie aus dem Projekt, was seinen Ursprung und seine Umsetzung in der „Niehler Freiheit“ selbst gefunden hat: die mobile Zahnarztpraxis.
Dieses Projekt hat das Filmteam über ein Jahr lang dabei begleitet, wie sie einen ausgedienten Gemüselaster in eine mobile Zahnarztpraxis verwandelt haben, vom Beginn der Planung bis hin zum Abschied an den Docks von Hamburg, von wo aus die mobile Praxis nach Syrien zu ihrem Einsatzort verschifft wurde. Aus unterschiedlichen Berufsgruppen bestehend, hat das Team der Niehler Freiheit ihre handwerklichen Fähigkeiten zusammengetragen und in seiner Freizeit an der Transformation des alten LKWs gearbeitet. In Kooperation mit der Organisation Grünhelme e.V. soll die mobile Zahnarztpraxis ab September 2019 einsatzbereit sein und die medizinische Versorgung in Flüchtlingslagern verbessern.
Der Abspann ist gefolgt von einem anhaltenden Applaus, nicht nur die hochwertige Bild- und Tonqualität, sondern auch das Themen der Filmreihe hinterlassen ihre Spuren beim Zuschauer. „Bei all den negativen Nachrichten, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, ist es wichtig auch mal etwas Positives nach außen zu senden und die Aufmerksamkeit auf Gutes zu lenken.“ sagt Kamil Hertwig abschließend.
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