Dass Rassismus auch nach der Regentschaft des Nationalsozialismus in Deutschland Tradition hat, offenbart die aktuelle Ausstellung „UN|sichtbarer Terror. Orte rechter Gewalt in Deutschland“ im NS-Dokumentationszentrum Köln. Fotograf Mark Mülhaus bereiste dafür in den vergangenen zwei Jahren mehr als 30 Orte in der Bundesrepublik, an denen seit Ende des Zweiten Weltkriegs rassistische oder antisemitische Taten verübt wurden. Integriert in das Ausstellungsprojekt waren zudem Studierende des Bachelorstudiengangs „Soziale Arbeit“ an der Technischen Hochschule Köln sowie Neuntklässler:innen der Max-Ernst-Gesamtschule aus Bocklemünd/Mengenich.
Großformatige Aufnahmen von unscheinbaren Plätzen zeigen dabei nicht etwa verwundete und tote Körper oder verwüstete Stätten sondern unscheinbare leere Plätze, Straßen, Hauseingänge, einstige Notaufnahmestellen für Asylsuchende sowie geschlossene Gastrobetriebe, an denen es zu Anschlägen kam. Die Besucher:innen geraten unwillkürlich in ein Labyrinth aus Bildnissen, die durch ihre Stille und ihre Tristesse fühlbar werden. Auf der Rückseite der auf Stelen installierten Visualisierungen finden sich konkrete Informationen zu Brand- oder Sprengstoffattentaten, etwa in Mölln (1992), Hoyerswerda (1993) aber auch West-Berlin (1970), Wald-Michelbach (1951) und Nürnberg (1947). Die Texte sind dreisprachig in Deutsch, Englisch und Türkisch verfasst. Alle Stationen sind mittels integrierter Audiodateien und QR-Codes multipel nutzbar. In einem zweiten Raum beschäftigt sich das Haus mit lokalen Geschehnissen aus Köln. Hier werden die Ereignisse in den Stadtteilen Bilderstöckchen, Weidenpesch (1993) sowie Humboldt/Gremberg (1994) fokussiert. In einer rund 20-minütigen Video-Dokumentation kommen darüber hinaus Betroffene und Angehörige der Opfer des Nagelbombenanschlags auf der Mülheimer Keupstraße (2004) zu Wort, bei dem 22 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Der portofreie Direkt-Versand ausliegender Motiv-Postkarten bietet vor Ort die Möglichkeit, an eine nach wie vor existente Tradition des Hasses in Deutschland zu erinnern. Die Ausstellung wird von öffentlichen Führungen, Workshop-Angeboten, Podiumsdiskussionen, einer Buchvorstellung und Lesungen begleitet. Als Kooperationspartner fungiert die Bundeszentrale für politische Bildung.
„UN|sichtbarer Terror. Orte rechter Gewalt in Deutschland“ | NS Dokumentationszentrum Köln | bis 13.8. | www.nsdok.de
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