TheChap, die deutsch-britische Band um Johannes von Weizsäcker, neigt gleichermaßen zum Kunst-Pop wie zum Pop-Humor. Mit „We are nobody“ veröffentlichen sie ihr 5 ½. Album und verbinden wieder tolle Melodien, vertrackte Arrangements und verrückte Texte. Dieses Mal klingen sie sogar noch ein wenig eleganter und barocker. Dass sie damit bislang nur legendär, nicht aber berühmt geworden sind, ist eine Schande (Lo Rec.). Das Duo PrincehornDanceSchool ist der Traum eines jeden New Wave-Aficionados: Mit ihren minimalistischen Stücken haben sie es sich perfekt zwischen Gang of Four, Young Marble Giants und The Fall eingerichtet. Das gilt auch für ihr zweites Album „Clay Class“ so sehr, dass man sie entweder Epigonen schimpfen muss oder für diese edle Mischung lobpreisen sollte (DFA). Nach neun Alben und 20 Jahren kümmern sich DieSterne nun um den Nachwuchs. Das Minialbum „Für Anfänger“ bringt sieben ihrer Klassiker in Neueinspielung. Mal mit Reggae-Einfluss, mal mit längeren Improvisationen, ist es für Fans ein hübsches Zwischenspiel, und für Neugierige ein guter Einstieg in die Bandgeschichte (Materie).Der überbordende Eklektizismus von OfMontreal scheint auf „Paralytic Stalks“ enthemmter denn je. Die 70er-Mainstream-Referenzen sind gewagt, werden durch Beach Boys-, Beatles- und Bowie-Verweise aber wieder eingefangen. Zudem tobt sich die Band um Kevin Barnes auf dem elften Album nicht nur als Rockformation, sondern auch wieder elektronisch aus – und das alles gleichzeitig (Polyvinyl).
Die Norwegerin HanneHukkelberg bringt auch auf ihrem neuen Album „Featherbrain“ eigentümliche Gerätschaften zum Klingen. Was da genau tönt, kann man nur live erleben. Aber auch auf Platte ist ihr melancholisch scheppernder Hausrat ein Erlebnis. Nicht zuletzt, weil Hukkelberg trotz aller Gimmicks nicht nur eine gute Songschreiberin ist, sondern auch eine außergewöhnliche Stimme hat (Propeller). Er mag offensichtlich Frank Zappa, Cpt. Beefheart und Art Rock im Allgemeinen: Der Norweger Jono El Grande ist ein autodidaktischer Tausendsassa. Seine Musik ist quirlig, verspielt, tollkühn, überraschend – und um mal zu einer Wertung zu gelangen: ganz großartig. „The Choko King“ versammelt Stücke aus den Jahren 1995 bis 2008, darunter das viertelstündige „Vital Requiem“ (rune grammofon). Seit über zehn Jahren arbeitet der KölnerBurntFriedman an einer mal mehr, mal weniger elektronisch generierten Fantasie einer Weltmusik. Mit komplexen Rhythmen und ausgetüftelten Sounds entspannt er auf „Bokoboko“ wieder einen hypnotischen Groove, der an viel erinnert, aber mit nichts wirklich vergleichbar ist (Nonplace).
Nach ihrem furiosen Auftritt in der Kölner Philharmonie mit ihrem ersten Orchesterwerk zeigen MouseonMarsnach fünfjähriger Veröffentlichungspause mit „Parastrophics“ wieder, was eine digitale Harke ist: Da wird gerockt, gehäckselt und geschreddert, dass es eine Freude ist. Aber der Popappeal kommt auf den 13 Tracks auch nie zu kurz – super (Monkeytown). Leilaveröffentlicht mit „U&I“ ihr drittes Album. Der Titel erklärt sich durch ihre Zusammenarbeit mit dem Sänger Mt.Sims, die ebenso bassgewaltig, düster und frickelig wie die Vorgänger klingt. Mt. Sims Stimme gibt dem Ganzen einen New Wave-Appeal (Warp). Der Kölner ZiggyKinderhält dem Minimaltechno die Stange, und auf seinem zweiten Album „Barboom“ wummert dazu warm die Bassline. Mitunter verläuft er sich in den ewigen Hallräumen des Dubhouse, weiß mit einigen Tracks aber auch markante Akzente zu setzen. Mit „King Georg“ gibt es auch eine Hommage an den gleichnamigen Kölner Club, den auch Cover ziert (Ware).
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