Ein riesiges Poster ziert die Mauer auf dem Helios-Außengelände der ArtyFarty Artspace & Gallery. Darauf sind mehrere Jungen zu sehen, die mit einer Wasserpistole spielerisch herumspritzen. Keine ungewöhnliche Szenerie eigentlich, doch hinter dem scheinbar Alltäglichen verbirgt sich eine weitere, auf den ersten Blick nicht erkennbare Realität: „Diese Jungs sind traumatisiert“, sagt Felix Kleymann. „Sie spielten überall Krieg.“
Betrachtet man den Gesichtsausdruck der Kinder intensiver, stellt man tatsächlich fest, wie ernsthaft und genau sie mit ihrer Waffe auf ihr Gegenüber zielen. Die Wasserpistole als symbolhaftes Relikt eines Traumas. Traurigerweise spielen diese Kinder Krieg im Krieg. Im Hintergrund wacht – fast wie extra dort platziert – Popeye über die spielenden Kinder. „Dieser Popeye saß einfach da in der Landschaft herum“, sagt Kleymann.
In seinen Bildern sind es die kleinen versteckten Geschichten und Überraschungen, die auf subtile und teilweise sogar humorvolle Weise vom Krieg erzählen. Auf seinen Fotos fließen keine Tränen oder etwa Blut. Auf dick aufgetragene Botschaften verzichtet der 31-Jährige in Datteln geborene Fotograf bewusst. Kleymann lernte diese Kinder persönlich kennen. Er wollte wissen, wie es ist, mittendrin zu sein statt nur außen vor. Wie es wirklich ist, zu flüchten. Kurzerhand entschied er sich, auf eigene Faust und auf eigene Kosten zwei Monate lang Flüchtlinge auf ihrer strapaziösen Reise mit der Fotokamera zu begleiten.
Zwei Fluchten dokumentierte er: Flüchtlinge im Norden des Iraks, die eines Tages wieder nach Syrien zurückkehren wollen, und solche in einem Lager in der Türkei auf der Flucht nach Europa in der Hoffnung auf ein dortiges besseres Leben. Über Griechenland, die Balkanroute, Österreich bis schließlich hin nach Deutschland wohnte er allen Stationen bei. „Das war eine sehr emotionale Erfahrung für mich“, sagt der Fotojournalist. „Ich habe bei dieser Reise einige schlimme Sachen erlebt, aber auch Gutes erfahren.“ Die Kinder und Frauen etwa, so traumatisch die Erfahrungen für sie gewesen sein mögen, verpackten die Flucht häufig spielerisch und besser als so mancher Mann, der sich an die neue Rolle als Flüchtling gar nicht richtig gewöhnen konnte. Es sei erstaunlich, wie anpassungsfähig der Mensch in Extremsituationen doch sei.
„Ich würde es jederzeit wieder machen“, resümiert Kleymann. Er bereue nichts. Und, es war schön für ihn zu beobachten, dass diese Menschen am Ende tatsächlich dort ankamen, wo sie hinwollten, dass es ihnen hoffentlich in der Zukunft besser ergehe. So ist passend dazu unter anderem eine weiße Taube als Zeichen der Hoffnung auf einem seiner letzten Poster abgelichtet. Auch sie saß offenbar plötzlich einfach so da. Jeweils 100 Euro aus dem Erlös seiner zum Verkauf stehenden Poster gehen an eine karitative Einrichtung.
Die Bilder sollen noch etwa zwei Wochen auf dem Außengelände zu sehen sein.
„Escaping Death“ | ArtyFarty Artspace & Gallery: Helios-Außengelände | www.facebook.com/afartspace
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