Als Mozart nach Prag kam, fand er erstmals ein wirklich durchgängig begeistertes Publikum. „Hier sprechen sie über nichts anderes als den ‚Figaro‘. Nichts anderes wird gespielt, gesungen oder gepfiffen als ‚Figaro‘“. So erhielt er damals den Auftrag für den „Don Giovanni“ – eine Oper extra für die Prager Musikfreunde.
So wirkten als direkte Folgen die „Gassenhauer“, die Hits einer Oper oder die eingängigen Melodien bestimmter Musiktitel im 18. Jahrhundert, bei Mozart „Alla Turca“ oder die legendäre „Eine kleine Nachtmusik“, die allerdings heute eher selten erklingt – zumindest im philharmonischen Konzert. Hundert Jahre später nennen die Wiener die schmissigen Walzermelodien der Strauß-Familie „Schlager“, sie schlagen wörtlich beim Volk ein und laden wie einst Mozarts Opern die heute namenlosen Kollegen der Stars zu zahlreichen Bearbeitungen und Variationen über die beliebten Themen ein. Diese Nachgeburten ließen sich gut verkaufen, und darum ging es dann immer mehr, besonders als die „Hits“ geboren wurden und die daran orientierten „Charts“: Das Ranking wird bestimmt durch die Verkaufszahl der Tonträger, die wiederum ganz wesentlich von der „Vermarktung“ abhängt.
Letztere wirkte in früheren Zeiten, mit denen sich auch in diesem Jahr das Kölner Fest für Alte Musik beschäftigt, einfach sympathischer als der aktuell abgekartete Musikmarkt, den ja aus Musikersicht gewisse Retrozüge kennzeichnen: Wer als Musiker überleben will, muss konzertieren. In der U-Musik schießen die Spielstätten wie Pilze aus der Kneipenlandschaft, Konzerte „auf die Tür“ oder „auf Hut“ werden üblich.
Früher gereichte ein Hit zum Ruhm, und daran erinnert das Fest: Ein Lied über Männer in Waffen war im 14. Jahrhundert so beliebt, dass es in zahlreiche Messvertonungen zitiert wurde. Frivole Lieder fanden ihren Weg in die Kunstmusik, bäuerliche Lieder kamen durch Carl Orff zu Weltruhm. Über „Vier Jahreszeiten“, „Träumerei“ und „Bilder einer Ausstellung“ werden gewohnt ungewohnte Zugänge gesucht, so malt zum Vivaldi-Hit ein Actionpainter bestimmt keine Schneelandschaft oder Hitzeflimmern.
Auch die „Zauberflöte“ als Harmoniemusik mit kleiner Besetzung auf Originalinstrumenten wird wohl zu überraschen wissen: Hier haut Guildo Horn, der einst mit Steffis Rückhand einen Hit landen wollte, Arien als Vogelhändler Papageno heraus – eine Köstlichkeit auch ohne Mammas Nussecken.
Orchestersuiten und Kantaten von Bach gehören zur Grundausstattung wie die Fortführung des künstlerisch wie sozial ambitionierten Fluchtthemas „Musica fugit“, diesmal in einem Musiktheaterstück. Es gibt viel zu entdecken, der Umfang dieses Festivals lässt sich nur selbst ergründen, die Inhalte sind vielfältig – eben echte Greatest Hits.
Kölner Fest für Alte Musik | 17.3.-2.4. | div. Spielorte | www.zamus.de
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