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Mag und will Cinema: Christian Meyer

Programmkino 2.0

28. November 2013

Wie die Digitalisierung das Kinoprogramm verändert – Vorspann 12/13

Was hat Google mit Kino zu tun? Und warum könnte Apple die deutsche Filmwirtschaft bedrohen? Derlei überraschende Fragen wurden auf dem dritten Kinokongress in Köln diskutiert. Seit 2011 richtet die Filmstiftung NRW den Kongress für Kinobetreiber aus Nordrhein-Westfalen aus, um einen regelmäßigen Austausch über die Zukunftsperspektiven der Branche zu ermöglichen. Nachdem in den letzten Jahren die inzwischen fast vollständig abgeschlossene Digitalisierung der Kinos auf dem Plan stand, widmete man sich in diesem Jahr sowohl den Herausforderungen als auch den Chancen der digitalen Distribution.

Neben Fragen zum digitalen Urheberrecht wurden auch die verschiedenen Verwertungsfenster – die Kinoauswertung und verzögert die Fernsehausstrahlung, die Verbreitung per DVD/BlueRay und inzwischen auch Video on Demand (VoD) – sprich Onlinestreams, diskutiert. Und hier kommen neben reinen VoD-Plattformen auch Großunternehmen wie Google mit You Tube und Apple mit iTunes wieder ins Spiel, denn auch sie bieten Bewegtbildinhalte an.

Für viele in der Kinobranche ist VoD natürlich ein Reizwort. Erst recht, wenn die bisherigen Sperrfristen in Frage gestellt werden. Bislang gibt es einen Schutz des exklusiven Kinostarts. Erst sechs Monate danach darf der jeweilige Film auf anderen Kanälen verbreitet werden. Die Befürworter so genannter „Day & Date“-Starts, wo zeitgleich die verschiedenen Distributionswege beschritten werden, betonen mögliche Synergieeffekte, beispielsweise beim Marketing. Das käme auch dem Kinofilm zugute. Die Gegner sprechen von einem Kannibalisierungseffekt.

Weniger Brisant ist das noch junge Konzept des Cinema on Demand. Der Versuch eines Hybrids aus Kino und Online, der ebenfalls auf dem Kinokongress diskutiert wurde, bietet filmische Zusatzangebote eines Kinos auf deren Webseite. Kinofans können auf der Homepage ihres Kinos Filme streamen – ergänzend zum Programm im Kinosaal. Richtig spannend wird Cinema on demand für die Freunde echter Kinoerlebnisse aber erst mit Plattformen wie tugg in den USA, I like Cinema in Frankreich oder We want Cinema in den Niederlanden. Dort können Interessierte Events mit Wunschfilmen in ihrem Wunschkino zu ihrer Wunschzeit anlegen. Die werden über soziale Netzwerke beworben, und bei einer Mindestzahl von Teilnehmern findet die Vorführung statt – im Kino.

Das Portal dient nur dazu, die Menschen und ihre Interessen zu Bündeln. Das Kino ist nach wie vor der Abspielort und der Kinosaal ein Ort der Begegnung. Der Vorteil für das Publikum: Man hat die Chance, alte Klassiker, verpasste Neustarts oder Nischenprogramme zu sehen. Die Kinos können hingegen freie Spielzeiten nutzen. Der Nachteil für die Kinos könnte darin bestehen, dass sie nicht mehr die Kontrolle über ihr eigenes Programm haben. Aber gerade das kuratieren des Programms ist ja die Kernkompetenz der Arthausbetreiber. Genau dafür wurden die Kinomacher in NRW auch im Anschluss an den Kinokongress beim Kinoprogrammpreis von der Filmstiftung ausgezeichnet. Wie auch immer diese Entwicklung weitergeht: Heimkino ist keine Alternative und der Begriff wird immer ein Euphemismus bleiben.

CHRISTIAN MEYER

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