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Mehr Privatsphäre für das Volk, weniger Schutz für die Lobbyisten
Foto: Mira Moroz

„Politik darf nicht käuflich sein“

29. August 2013

Timo Lange über die Grenzen der politischen Einflussnahme – Thema 09/13 Welche Wahl

choices: Herr Lange, Ist Lobbyismus per se mit Demokratie inkompatibel?
Timo Lange:
Undemokratisch ist es, wenn einige wenige durch intransparente Einflussnahme und mit viel Geld im Rücken ihre Interessen zu Lasten der Allgemeinheit durchsetzen. Politische Interessenvertretung gehört zur Demokratie, aber wir brauchen klare Regeln und Schranken. Politik darf nicht käuflich sein.

Gibt es einen Unterschied zwischen Bürgerinitiativen und Lobbyisten?

Timo Lange
Foto: privat
Timo Lange ist Campaigner bei Lobbycontrol e.V.

Die Mitglieder von Bürgerinitiativen vertreten in der Regel ihre eigenen Interessen und nicht diejenigen von zahlenden Auftraggebern. Lobbyisten werden dafür bezahlt, bestimmte Anliegen durchzusetzen. Beiden gemein ist natürlich das Ziel, politische Entscheidungen zu beeinflussen.

Wie sieht Lobbyismus praktisch aus?
Wir beobachten immer mehr, wie Lobbyismus nicht nur die direkte Ansprache von politischen Entscheidern umfasst, sondern versucht wird, bestimmte Inhalte oder Argumentationen in der Gesellschaft insgesamt salonfähig zu machen. Die arbeitgeberfinanzierte „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist dafür ein bekanntes Beispiel. Mit einer groß angelegten Kampagne versucht die INSM momentan etwa, gegen Vermögenssteuer und Mindestlohn Stimmung zu machen.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Lobbyismus in Berlin und Brüssel?
In beiden „Hauptstädten“ sind Tausende von Lobbyisten jeden Tag damit beschäftigt, Informationen zusammenzutragen, Netzwerke zu bilden und Politiker zu treffen. An beiden Orten sehen wir professionelle Agenturen und Rechtsanwaltskanzleien, die im Kundenauftrag Lobbyarbeit betreiben. Die komplexen Politikprozesse in Brüssel sind für viele Menschen allerdings oft noch schwerer nachzuvollziehen, und vielen ist immer noch nicht bewusst, wie wichtig die Brüsseler Politik für uns auch im Alltag ist. Die schwach ausgeprägte europäische Öffentlichkeit und die relativ geringen eigenen Ressourcen der EU-Institutionen machen es Lobbyisten noch leichter, ihre Partikularinteressen durchzusetzen.

Seit Jahren ist „Transparenz“ ein fester Bestandteil des Politikvokabulars. Warum wird dennoch aus dem Umgang mit Lobbyisten ein solches Geheimnis gemacht?
Lobbyisten lassen sich nicht gerne in die Karten schauen, und viele Politiker scheuen sich davor, sich öffentlich für ihren Umgang mit Lobbyisten rechtfertigen zu müssen. Deshalb brauchen wir verbindliche Transparenzregeln. Das würde politische Entscheidungen nachvollziehbarer machen, und letztlich ist es gut, wenn öffentlich über Lobbyeinflüsse diskutiert wird.

Wird es in vier Jahren ein Lobbyregister für Deutschland geben?
Gute Frage! Das hängt durchaus vom Wahlausgang ab. Union und FDP haben in den letzten vier Jahren sehr deutlich gemacht, dass sie von einem Lobbyregister nichts halten. Aber auch die anderen Parteien müssen sich auf viel Gegenwind aus der Lobby-Szene einstellen, wenn sie ein verpflichtendes Lobbyregister durchbringen wollen.

INTERVIEW: CHRISTIAN WERTHSCHULTE

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