Es geht doch, mit dem Naturschutz! Dass es das Loch in der uns schützenden Ozonschicht wirklich gibt, haben drei britische Wissenschaftler 1985 nach einem frostigen Forschungsaufenthalt in der Antarktis eindeutig bewiesen. Zwei Jahre später unterzeichneten mehr als vierzig Staaten das „Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen“. In den Folgejahren wurde dieses Protokoll, das unter anderem FCKW praktisch verbot, das erste internationale Abkommen, das alle UN-Mitgliedsländer fixiert haben.
Erste Maßnahmen
Früher wurden Menschen in den Städten schon durchs Atmen krank. Seit den 1970er Jahren haben Bundes- und Landesregierungen zahlreiche Vorschriften zur Luftreinhaltung erlassen. Autos bekamen Katalysatoren verpasst, Kraftwerke und Fabriken installierten neue Filter. Die Folge: Seit 1990 hat sich die Menge an emittiertem Schwefeldioxid (SO2) in Deutschland um 95 Prozent verringert. Es werden auch nur noch etwa ein Drittel so viele Stickstoffoxide (NOx) in die Luft geblasen. Die bergische Luft ist vielleicht so sauber wie seit der Einrichtung der ersten dampfbetriebenen Weberei in Wuppertal nicht mehr. Dann sollte das mit der Reduktion des CO2-Ausstoßes auf vorindustriellen Stand doch auch funktionieren. Oder?
Moderne Papisten
Die Sache ist die, dass die beiden genannten Umweltprobleme die Menschen nahezu unmittelbar betrafen. Wo die Ozonschicht dünn war, gab es häufiger Sonnenbrand und Hautkrebs. Wo die Luft dick war, gab es schneller Bröckchenhusten. Klimawandel? Insektensterben? – abstrakte Probleme für die Wissenschaftsgemeinschaft. Doch zeichnet es eine Bildungsgesellschaft nicht aus, dass sie in der Lage ist, auch abstrakte Probleme ernst zu nehmen? Wer bildungsfeindlich argumentiert, hat was von einem spätmittelalterlichen Papisten. Doch leider haben auch viele FFF-Fans etwas mit der Kirche alter Zeiten gemein, nämlich eine panische Angst vor der Zukunft. Die einen kauften Ablassbriefe, um nicht in der Hölle zu schmoren, die anderen CO2-Kompensationen auf ihre Flugtickets, um nicht unter der Sonne des Klimawandels zu brutzeln. Und: Die Forderungen nach Verzicht und technischem Rückschritt erinnern auch gefährlich an die Ideen religiöser Asketen, die in der Wüste fasten, um Gott näher zu sein.
Die goldene Mitte
Doch was haben Fortschrittsfeindlichkeit und Angst jemals für uns getan? Jedenfalls nicht den Buchdruck und erst recht nicht die Möglichkeit, jederzeit Katzenvideos – äh, Nachrichten aller Art vom anderen Ende der Welt anzusehen. Noch nicht einmal fließend Wasser oder das Feuer sind Kinder der Angst, sondern eher der Bequemlichkeit. Andererseits ist Technofanatismus natürlich keine Lösung. Auf die Erfindung der Industrieanlage folgte der Betriebsunfall, woraufhin aber der Not-Ausschalter erfunden wurde. Mit der elektronischen Post kam die Spam-Mail, woraufhin mit entsprechenden Filtern reagiert wurde. Bislang hat es die Menschheit immer wieder geschafft. Auf die Treibhausgasemission kann die Treibhausgaseinfangmission folgen. Verkehrswende heißt nicht, zu Hause zu bleiben, sondern klimaneutral mobiler als bisher zu sein.
Wer die Welt retten will, sollte wissen, wofür er streitet. Die junge Generation hatte noch nie so viele Möglichkeiten wie heute – und hat sich nie so davor gescheut, sie zu nutzen. Die Welt beginnt vor der Haustür; fast möchte man meinen: jenseits des Handydisplays. Und sie ist ebenso analog wie digital. Ja, Technologien sind das Pferd, mit dem wir in den Sumpf hineingeritten sind. Aber sie sind auch der Zopf, an dem wir uns wieder herausziehen können.
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