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Hut stand ihm schon immer gut: Harrison Ford als beinharter Colonel Woodrow Dolarhyde in „Cowboys & Aliens“.
Foto: Paramount

„Ich mag Geschichten mit Witz und Überraschungen“

25. August 2011

Harrison Ford über „Cowboys & Aliens“, das Geschichtenerzählen und seine Abneigung gegenüber „Blade Runner“ – Roter Teppich 09/11

Er hat in einigen der erfolgreichsten Filme aller Zeiten mitgespielt und galt als einer der kassenträchtigsten Stars des 20. Jahrhunderts: Harrison Ford hat mit seinen Auftritten als Han Solo in der Originaltrilogie von „Krieg der Sterne“ und in seiner Titelrolle als „Indiana Jones“ Popcorn-Kinogeschichte geschrieben. Auch in seinem neuen Film „Cowboys & Aliens“ bedient der mittlerweile fast 70jährige Leinwandstar wieder das Image des furchtlosen Draufgängers, wenngleich auch mit einem Augenzwinkern. choices traf Harrison Ford in Berlin zum Interview.

choices: Mr. Ford, Sie sehen cool aus als Cowboy. Würden Sie gerne mehr Western drehen?
Harrison Ford: Nicht direkt im Anschluss, obwohl es schon ziemlich spaßig für einen Schauspieler ist, in einem Western mitzuspielen. Ich hatte schon eine ganze Weile keinen mehr gedreht, deswegen habe ich mich über die Gelegenheit gefreut, einige schöne Szenen im Freien an einem tollen Ort zu drehen. Es hat mir Spaß gemacht.

Waren die Erfahrungen bei „Ein Rabbi im Wilden Westen“ so schrecklich, dass Sie danach keinen richtigen Western mehr gedreht haben?
Nein, mir wurde einfach nur keiner mehr angeboten. In den Vereinigten Staaten wurden ja sehr lange Zeit gar keine Western mehr gedreht.

Ich habe gelesen, dass es eine Weile dauerte, bis Sie für „Cowboys und Aliens“ zugesagt haben. Was ließ Sie zögern?
Das Drehbuch hatte mich nicht sonderlich angesprochen, wobei ich gestehen muss, dass ich zunächst lediglich die ersten dreißig Seiten gelesen hatte. Danach war ich der Ansicht, dass es für mich nicht das Richtige sei. Dann hat man mich davon überzeugt, auch den Rest des Drehbuchs noch zu lesen. Dabei habe ich dann Feuer gefangen für meine Figur, die eine gute Herausforderung für mich werden konnte, wenn der Tonfall des Films stimmen würde. Deshalb habe ich mich mit Jon Favreau (dem Regisseur, die Red.) getroffen, und in meinen Gesprächen mit ihm konnte er mich davon überzeugen, dass er den richtigen Tonfall des Films hinbekommen würde. Denn er wollte einen ernsthaften Western machen. Ich hatte mich zunächst vom humorvollen Titel „Cowboys & Aliens“ irreführen lassen. Aber es gefiel mir gut, dass Favreau einen ernsten Genrewestern daraus machen wollte. Und ich war der Ansicht, dass die Figur eine gute Herausforderung für mich darstellen würde, mal etwas wirklich anderes zu spielen.

Also müssen Sie sich auch dann noch Ihre Gedanken über einen Stoff machen, wenn Steven Spielberg bereits darin involviert ist … Ist er keine Garantie für ein lohnendes Projekt?
Nein, nichts ist dafür eine Garantie. Steven Spielberg allein ist da nicht ausschlaggebend, es hängt alles damit zusammen, welche Möglichkeiten mir die Figur bietet und welche anderen Personen in das Projekt involviert sind.

Wer kann besser mit einer Waffe umgehen, Daniel Craig oder Sie?
Mit einer Waffe umgehen zu können war eher ein Teil von Daniel Craigs Figur. Deswegen war es seine Aufgabe, den Umgang mit einer Waffe zu erlernen. Ich musste lernen, ein Scheißkerl zu sein.

Wie kann man das lernen?
So etwas kommt mit etwas Übung ganz von alleine. Ich erkannte in meiner Figur nicht nur deren skrupellose Eigenschaften, sondern die etwas tiefer gehenden. Die Fragen der Vaterschaft und wie man seine Kinder angemessen großzieht. Und obwohl ich erkannte, dass die Figur nicht sympathisch war und auch nicht sympathisch sein sollte, was die Geschichte und die gesamte Tonalität des Film angeht, gab es für mich dennoch die Gelegenheit, eine emotionale Bindung zum Publikum aufzubauen. Und das ist für mich die Kunst der Schauspielerei, emotionales Geschichtenerzählen. Ich strebe instinktiv eher danach, das Publikum emotional zu erreichen, als deren Bewunderung über meine Figur zu erschleichen.

Welches Genre bevorzugen Sie persönlich, sehen Sie sich lieber einen Alienfilm oder einen Western an?
Ich habe keine Genrevorlieben, ich bin ein Fan von guter Filmkunst und gutem Geschichtenerzählen. Ich habe Filme nie besonders intensiv studiert und war auch nie ein großer Kinogänger. Deswegen habe ich keine besonderen Vorlieben, für die ich mich begeistere.

Erzählen Sie selbst denn gerne Geschichten, vielleicht für Ihre Kinder?
Ich denke mir keine Geschichten aus. Ich lese eher Geschichten vor als mir selbst welche auszudenken.

Haben Sie Lieblingsgeschichten, die Sie vorlesen, bestimmte Märchen vielleicht?
Ich mag Geschichten mit Witz und Überraschungen. Ich mag, was meinem Sohn gefällt, und ich mag es, neue Geschichten vorzulesen, die er bislang noch nicht kannte, denn Kinder wollen häufig die gleichen Geschichten immer wieder vorgelesen bekommen. Ich mag Wortspielereien und die Kraft der Imagination. Aber ich habe keine besondere Lieblingsgeschichte.

Dolarhydes Sohn ist nicht gerade der beste Mensch der Welt. Glauben Sie, dass es im wirklichen Leben gefährlich ist, seine Kinder zu sehr zu verhätscheln?
Ja. Er ist fraglos ein junger Mann, der an seine Stellung und an die von ihm ausgehende Autorität gewöhnt ist und der seine Macht für seine eigenen Vorteile einzusetzen versteht. Das ist nicht gerade ein Musterbeispiel dafür, wie man die eigenen Kinder erziehen sollte. Dolarhydes Sohn ist ein Schläger, ein Trinker und ein Narr. Und das alles ist auf jeden Fall Dolarhyde selbst anzulasten. Wir erfahren also das erste Mal aus dieser Perspektive heraus etwas über Dolarhyde, ein meiner Meinung nach dramaturgisch interessanter Weg, eine Figur in die Handlung einzuführen.

Sie haben einige sehr herausragende Filmrollen abgelehnt, wie beispielsweise Figuren in „Traffic“ und „Syriana“. Bedauern Sie, die eine oder andere Rolle gespielt bzw. abgelehnt zu haben?
Nein, denn ich denke nicht, dass ich eine Wahl hatte. Wenn mir eine Rolle nicht zusagt oder ich mich mit ihr nicht wohl fühle, dann übernehme ich sie nicht. Und wenn jemand anderes damit Erfolg hat, dann ändert das nichts an meiner Meinung, dass ich meine ganz eigene Entscheidung darüber zu treffen hatte, wie ich mich zu dieser Zeit fühlte, als mir die Rolle angeboten wurde, was ich gerade gemacht hatte und was ich in Zukunft machen wollte.

Haben Sie schon entschieden, ob Sie „Indiana Jones V“ drehen werden?
Nein, ich habe noch kein Drehbuch. Wenn es ein Drehbuch gibt, dann kann ich darüber nachdenken.

Wie würden Sie Ihre heutige Position in Hollywood beschreiben? Immerhin wurden Sie einmal als der größte Filmstar des 20. Jahrhunderts tituliert…
Ich bin dankbar, dass ich seit über 40 Jahren vor der Kamera stehe und weiterhin arbeiten kann. Wenn ich etwas finde, dass für mich passt, dann werde ich auch mit Freude weiter arbeiten. Ich möchte nicht in irgendeiner mythischen Position verharren. Ich bin ein Schauspieler, ich arbeite.

Gibt es Filme, an denen Sie mitgewirkt haben, die Sie sich immer wieder anschauen können, wenn Sie wollen?
Wenn ich wollte, aber ich will nicht. Ich schaue mir meine eigenen Filme nicht öfter an als die Filme von irgendjemand sonst.

Welchen Ihrer Filme haben Sie denn am häufigsten gesehen?
Ich glaube nicht, dass ich Ihnen sagen kann, welchen ich am häufigsten gesehen habe. Ich schaue sie mir als Tageskopien an, ich sehe mir Rohschnitte an, später dann Testvorführungen. Nach der Premiere habe ich dann keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis, selbst wenn ich wollte. Aber das interessiert mich auch nicht so sehr. Ich schließe dann mit einem Film ab und habe nicht das Bedürfnis, ihn wieder und wieder Revue passieren zu lassen.

Stimmt es, dass „Blade Runner“ nicht gerade einer Ihrer Lieblingsfilme ist?
Das ist nun schon eine ganze Weile her. Wir haben damals 54 Nachtdrehs am Stück absolviert, das waren ziemlich anstrengende Dreharbeiten. Ich war damals nicht unbedingt immer einer Meinung mit den Leuten, mit denen ich an dem Film zusammenarbeitete. Aber ich glaube, dass ich mittlerweile ihren Standpunkt verstehen kann und sie auch meinen verstehen. Der Film hat aber ohnehin ein Eigenleben entwickelt, ganz unabhängig davon, ob er mir gefällt oder nicht.

Sie sind jetzt fast 70, ist das eine große Zahl für Sie?
Nein, aber man kann sie sich ganz gut merken.

Werden Sie diesen Geburtstag auf eine besondere Weise feiern?
Ich habe gerade meinen 69. gefeiert, meinen 70. werde ich dann feiern, wenn es soweit ist. Noch bin ich erst 69.

Frank Brenner

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