Eigentlich befinden wir uns mitten in der Session, in der jecken Zeit – doch diesmal scheint der Karneval abgesagt. Nur wenige gallische Dörfer halten den Geist der Jahreszeit aufrecht. Das Hänneschen Theater bietet auch 2021 eine Puppensitzung für die Karnevalisten, und das, ganz risikofrei, per Stream. Über das Portal „Jeckstream“ können Tickets für die Sitzung erstanden werden, die ab dem 30. Januar online geht. Wir haben mit Intendantin Frauke Kemmerling über das Theater gesprochen, das stets einen Weg findet.
choices: Frau Kemmerling, wie geht es Ihnen und Ihrem Theater im Moment?
Frauke Kemmerling: Uns geht es den Umständen entsprechend gut in diesen Zeiten. Wir bauen auf, reißen nieder. Ich musste immer wieder umplanen. Es ist wichtig, da flexibel zu bleiben. Das ist schon eine Herausforderung für die Kulturbranche. Am Ende des Jahres stellte sich schon etwas Müdigkeit ein, da wir uns immer wieder aufraffen mussten, neu zu denken. Die Arbeit gestaltet sich völlig anders. Sonst hatten wir jeden Tag 600 Leute im Haus. Das Publikum ist unser Spiegel, wir leben vom Miteinander und vom Austausch.
Kulturschaffende kämpfen derzeit um ihren Platz in der Gesellschaft. Wie wichtig ist Theater?
Meiner Meinung nach ist die Kultur sehr wohl systemrelevant! Es ist die Aufgabe des Theaters, die menschliche Seele anzusprechen und den Charakter zu bilden. Das kabarettistische Spiegeln von Persönlichkeiten der Politik, das Lachen; das Gemeinschaftserlebnis ist wichtig. Dem anderen in die lachenden Augen zu sehen und zu sagen: „Ach nee, es dat schön.“
Wie bringen Sie dieses Erlebnis dennoch zu den Menschen?
Indem wir die Puppensitzung als Stream im Jeckstream-Portal anbieten, 19 Tage lang – ab dem 30. Januar – bis zum Karnevalsdienstag. Da sind wir in sehr guter prominenter Gesellschaft: Unter „Meine Sitzung“ kann man sich auch gute Pakete wählen und eine Sitzung selbst zusammenstellen. Ein Ticket für die komplett von uns gestaltete und geschriebene Sitzung ist für jecke 11,11 Euro zu erstehen. Der Code ist dann jeweils 48 Stunden gültig.
Wie haben Sie die Puppensitzung geprobt, und wie wird das Programm unter den Auflagen durchgeführt?
Im Dezember haben wir unter Hygienebedingungen auf Abstand geprobt. Am 10. Januar wäre die Premiere gewesen, nun haben wir ab Mitte Januar begonnen, die Sitzung aufzuzeichnen. Wir nehmen zwei volle Durchläufe auf, dann geht es zum Schnitt und Ton, und heraus kommt ein 90-minütiges Programm. RTL West ist im vierten Jahr unser Medienpartner und steht uns zu Seite. In den letzten Jahren haben wir dann parallel vor Publikum gespielt, auf dem Eisenmarkt vor unserem Haus Open Air gestreamt und die Sitzungen gleichzeitig ins Netz übertragen. Jetzt spielen wir natürlich gar nicht vor leiblich anwesendem Publikum.
Was sind die Planungen für nach Karneval?
Geplant wird jetzt immer in kleineren Häppchen, wir müssen pro Projekt denken. Ab dem 1. März beginnen wir – hoffentlich – mit den Proben für das Ostermärchen – mit einem ähnlichen Hygienekonzept wie im August und September 2020. Da durften wir anfänglich vor einem Drittel der Leute spielen, also vor 100 Personen. Dann musste es jedoch auf ein Fünftel reduziert werden. Da war es in Anbetracht der vielen verkauften Karten nicht mehr möglich, alle unterzubringen.
Die Schrecken des Lockdowns sind noch immer präsent. Alles zum Wohle der Gesundheit?
Selbstverständlich. Da mussten wir eine Entscheidung treffen. Das verstehen natürlich alle. Das Ostermärchen konnten wir noch proben im letzten Jahr, aber nicht mehr spielen, und das Kinderstück haben wir noch mit 60 Personen im Publikum bis zu Ende geschafft. Das Abendstück musste dann letztendlich ganz abgesagt werden.
Ist es notwendig, dass Kultur städtisch und kommunal gefördert wird?
Kultur hat eine Tiefenwirkung, sie ist kein reiner Luxus. Ich zähle auch ein gutes Essen mit Freunden mit einem guten Wein zu Kultur – wenn das wegfällt, verliert man auch ein Stück Lebensqualität und sein Seelenfutter. Dass die Kultur zu den freiwilligen Aufgaben einer Kommune gehört, ist zwar so – aber viele meinen, deshalb bräuchte es Kultur in diesen Zeiten gar nicht mehr zu geben. Da bin ich völlig anderer Meinung. Kultur ist eine gesellschaftliche Aufgabe und daher auch förderungswürdig.
Wird das Hänneschen Theater es durch die Krise schaffen?
Daran glaube ich ganz fest. Wir sind eine Bühne der Stadt Köln. Unsere 32 Festangestellten inklusive aller PuppenspielerInnen konnten wir daher halten. Wir haben auch einen ganz tollen Förderverein, der uns in jeder Weise unterstützt. Pro Projekt haben wir jedoch auch viele freie Aushilfen, denen wir leider nicht durchgängig Arbeit geben konnten. Auch unsere Gastronomie konnte natürlich nicht öffnen. Also: Was wir tun können, *müssen* wir tun, um zu überleben.
Puppensitzungen „Zom Laache en d’r Keller“ | 30.1. - 17.2. | Hänneschen Theater | www.haenneschen.de | jeckstream.de
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