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Manche Menschen drehen in Wohnungen durch, sagt Dieter Breuer
Foto: Mareike Thuilot

Gemeinsam leben, gemeinsam arbeiten

27. November 2019

Die Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V.

choices fragt: Welche Initiativen zeigen uns den Weg?

Bunt bemalte Bauwagen stehen neben mehrstöckigen Reihenhäusern, Graffiti und liebevoll gestaltete Steingärten zieren den Weg. Im Hühnerstall nebenan tummeln sich aufgeregt gackernde Hühner, drei Jugendliche laufen schwatzend über das Gelände, ein Mann im Blaumann sieht aus, als käme er gerade aus einer Werkstatt. Im Ossendorfer Südosten, gleich neben der A57, lebt eine besondere Gemeinschaft: 140 Menschen wohnen hier, Punks neben alleinerziehenden Vätern, ehemalige Obdachlose neben kinderreichen Familien, Senioren und Menschen mit Leistungseinschränkungen.

„Kann das funktionieren?“, fragt sich der Kölner aus seinem homogenen Veedel-Kosmos reflexartig. Die Kölner Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. (IBWA) zeigt: Ja, das geht – mit sozialem Feingefühl, guter Organisation und unerschütterlichem Idealismus. Aus ehemaligen, denkmalgeschützen Kasernengebäuden hat der Verein hier günstigen sozialen Wohnraum geschaffen und so Menschen von der Straße geholt. „Die Struktur ist vergleichbar mit einem kleinen Dorf“ sagt Dieter Breuer, der das Projekt 1997 gründete. 3000 Quadratmeter preisgünstiger sozialer Wohnraum mit 46 Wohneinheiten ist seitdem entstanden, aufgeteilt auf kernsanierten Altbau und einen Neubau. Eine Bauwagensiedlung und kleine Gartenhäuschen auf dem Gelände bieten zusätzliche Wohnmöglichkeiten, „weil es Personen gibt, die in Wohnungen durchdrehen“, so Breuer.

Wohnungslose bauen für Wohnungslose ist die simple Grundidee des Modellprojekts. „Unsere These war“, erzählt Breuer, dass “Wohnungslose, die im Winter draußen ohne Hilfsmittel überleben können, mit Unterstützung genügend Power haben, um wieder leistungsfähig zu werden und sich einen eigenen Ort aufzubauen – und das hat geklappt“. Die Menschen leben hier nicht nur. Viele arbeiten hier auch. Einen großen Teil der Wohnsiedlung haben die Bewohner selbst gebaut. Im vereinseigenen Naturbaubetrieb, der die Wohnungen instand hält, sind sie sozialversicherungspflichtig angestellt und qualifizieren sich etwa zum Maurer.

Auch andere Serviceleistungen des täglichen Lebens werden von den oft ehemals Langzeitarbeitslosen übernommen. Mittags kochen und essen die Bewohner gemeinsam in der Kantine Gemüse und Eier aus dem selbst bewirtschafteten Nutzgarten, sie arbeiten in verschiedenen Servicebereichen, helfen im Rahmen der ambulanten Hilfe eingeschränkten Personen im Haushalt oder unterstützen die Projektorganisation. Bewohner mit Problemen auf dem Arbeitsmarkt oder mit finanziellen Schwierigkeiten, mit Suchterkrankungen oder psychischen und physischen Einschränkungen erhalten – sofern sie wollen – individuelle Unterstützung und Beratung, ganz nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Auch wenn das Zusammenleben im Großen und Ganzen gut funktioniert und sich die Mieter solidarisieren, sind Auseinandersetzungen durch Interessenskonflikte vorprogrammiert. Dafür gibt es ein Kriseninterventionsteam. Rund um die Uhr sind Fachkräfte vor Ort, die auch regelmäßig angefragt werden – „denn“, so Breuer, „niemand möchte seinen Platz hier verlieren“.

Etwa ein Viertel der Bewohner kann die günstige Miete selbst aufbringen, der Rest wird vom Arbeitsamt übernommen. Das Modellprojekt wird außerdem über die Eigenleistung der Projektteilnehmer, Spenden und verschiedene Fördertöpfe, wie etwa aus Wohnungsbaufördermitteln des Landes NRW finanziert.

Der Wohnraum ist begehrt aber begrenzt, also plant Breuer bereits das nächste Projekt: Nur zwei Kilometer entfernt im Bilderstöckchen-Gebiet soll in den nächsten zwei Jahren ein ähnliches Gelände entstehen. Sozialer Wohnraum, meint Breuer, werde in Köln nämlich dringend benötigt.


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zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und engels-kultur.de/thema

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Mareike Thuilot

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