Leverkusen lockt die Musikfreunde mit dem größten deutschen Jazzfest nicht nur am Rhein in seine Festspielhalle „Forum“ und natürlich in die Clubs und Kneipen der Stadt. Festivalchef Eckhard Meszelinsky verabschiedet sich nach zwanzig Jahren Kampf um Musiker und Moneten mit einem nun durch Sponsoren und zugkräftige Programmnummern gefestigten Konzept und übergibt an die kommende Generation, nicht ohne mit einem auf elf Tage aufgeblasenen Mix-Programm aus Pop und Jazz im insgesamt 36. Jazzherbst noch einmal richtig auf die Pauke zu hauen bzw. gegen die Bassdrum treten zu lassen: Auch ein Abend mit den fettesten Beats der Fusionzeit steht an.
Wie in einem gut funktionierenden Betrieb zieht sich der Chef natürlich nicht wirklich zurück, er bleibt weiter als Berater der Mann mit den Fäden in der Hand. Deshalb wird sich die Veranstaltung auch nicht großartig verändern wollen, muss sie ja auch nicht, denn alles läuft prächtig. Die ersten Konzerte sind bereits völlig ausgebucht, natürlich die Acts aus dem Bereich der Popmusik, denn für diese Megaseller bietet das Forum gegen übliche Stadien oder Hallen selbst unbestuhlt „Clubatmosphäre“. Zu diesen Durchstartern zählt gleich die Eröffnungsshow mit Jan Delay und seiner Band Disko No.1. Der Mann mit dem Hut kommt aus Hamburg und ist in Sachen Musik mindestens so flexibel und international ausgerichtet wie seine Heimatstadt. Die Französin Zaz hat die Legende des französischen Chansons und deren Verknüpfung zu Èdith Piaf in ihrer Musik aufgegriffen und das Ergebnis popjazzig abgeschliffen. Als „Beste Sängerin“ mit dem Echo Jazz wurde die Amerikanerin Melody Gardot ausgezeichnet. Die Skalierung unvergleichbarer Individuen richtet sich allerdings meist nach Verkaufszahlen bzw. Einschaltquoten und verrät damit nichts über die Qualität des Produkts. Aber Melody macht ihrem Namen alle Ehre, sowohl musikalisch und mit eloquenter Moderation als auch in der Auswahl hervorragender Sidemen. Ebenfalls in die Generation Dreißig-plus fällt die Schweizerin Sophie Hunger, die sich gern in vier Sprachen äußert und sich auch mit Jazzmusikern umgibt. Damit die Frauenpower nicht überschwappt, wurde auch der gleichaltrige Barde Philipp Poisel eingeladen, der meist so klingt, als sei ein unbekannter Gegenstand in seinem Mundraum versteckt – sein Konzert war natürlich als erstes ausverkauft.
Damit sind die Highlights der Jazztage – nach Verkaufszahlen bewertet – abgearbeitet, womit kurz nachgeschoben werden darf, dass auch für die Fusion- bzw. Jazzfans einiges geboten wird. Hier einige Namen aus der Setzliste der Jazztage, die in Previews gängiger Tagesmedien gar nicht genannt werden: Joe Lovano trifft John Scofield, die legendären Yellowjackets und die Band Oregon spielen auf, Terry Bozzio, Steve Gadd und Dennis Chambers trommeln um die Wette, die Bassisten Marcus Miller und der absolute Überflieger Richard Bona mit Big Band lassen die dicken Saiten slappen… Es tanzt für sie „Les Ballets Jazz de Montréal“. Das darf doch auch erwähnt werden!
Leverkusener Jazztage | 5. - 15.11. | www.leverkusener-jazztage.de
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