Wie schön, dass diese Ausstellungen im Sommer eröffnet wurden. Sowohl die Ausstellung von Michael Krebber als auch die von Tobias Rehberger gehen mit Licht und Helligkeit und einer Leichtigkeit einher, die an hohe Wellen und eine sprießende Natur denken lässt. Nicht nur das haben die Schauen im Kölnischen Kunstverein und im Museum Ludwig gemeinsam, sondern auch die Wirkungsstätte der Künstler: Beide sind Professoren an der Städelakademie in Frankfurt. Sie gehören zu einer noch jüngeren Generation deutscher Künstler, welche nach der zeitgenössischen Notwendigkeit der Kunst fragt und sie in den Dingen des Alltags verankert. Rehberger kickt stabil in der ersten Liga großer Museen, Krebber hingegen gilt als Künstler für Künstler, dessen Arbeiten überwiegend in Galerien gezeigt werden und von Mal zu Mal relativ unabsehbar sind. Ein Szenetipp, aus gutem Grund. Interessant ist beides. Tobias Rehberger hat nun im Museum Ludwig einen kerzengeraden Parcours errichtet, der 40 Arbeiten der letzten 15 Jahre kombiniert. Der eine passable Werkübersicht darstellt und zugleich eine neue Arbeit initiiert, indem Spots die Schatten der vorhandenen Werke in eine gegenüberliegende Wandmalerei integrieren. Tobias Rehberger wurde mit seinen Grenzüberschreitungen zum Design und zur Delegation in der Ausführung, auch in der Aneignung von Objekten fremder Kulturen bekannt. Dabei schwingen gesellschaftskritische Überlegungen mit. In Köln nun geht er originell schon mit der Frage um, wie eine Retrospektive seiner Arbeiten aussehen und worin der Mehrwert liegen könnte. Ordentlich gemacht! Michael Krebber leitet zwar in Frankfurt eine Malklasse, aber er wohnt hier: in Köln. Nicht nur deshalb war eine Ausstellung im Kunstverein fällig. War zunächst eine Schau mit Zeichnungen geplant, so hat sich Krebber schließlich für eine originellere Lösung entschieden. Er debütiert, bislang als Maler verstanden, als Objektkünstler. Ausgestellt sind Surfbretter mit malerischen, handwerklichen Aufdrucken. Diese Ikonen für ein erfolgreiches, lässiges Amerika sind nun mit geraden Schnitten in gleiche Segmente geteilt. Und sie sind in eigenen Kojen auf unterschiedliche Weise – liegend auf dem Boden, hängend an der Wand – präsentiert. Ohnehin bieten sich verschiedene Wege der Interpretation an. Die Lesart als minimalistische Skulptur ist genauso okay wie die als Malerei. Krebber selbst enthält sich jeder Parteinahme. Aber vielleicht geht es ja doch um die Erscheinung als anonymes Designobjekt – ganz im Sinne des Kollegen Rehberger, und hier schließt sich wieder der Kreis.
Tobias Rehberger, Die „Das-kein-Henne-Ei-Problem“-Wandmalerei, bis 21. September im Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz in Köln, www.museumludwig. de
Michael Krebber, Pubertät in der Lehre, bis 30. September im Kölnischen Kunstverein, Hahnenstr. 6 in Köln, www.koelnischerkunstverein.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Gewürdigt und gefeiert
Eine Ausstellung zu Udo Kier im Kölnischen Kunstverein
Vom Zufall und Sinn gesehener Dinge
Marie Angeletti im Kölnischen Kunstverein – kunst & gut 06/23
Erfunden für die Zukunft
„Pure Fiction“ im Kölnischen Kunstverein
In der Verlängerung beginnen
Museen zwischen öffnen und schließen – Kunst in NRW 02/21
Pingpong im Dialog
Dorothy Iannone und Juliette Blightman im Kunstverein – kunst & gut 12/20
„Kunstvereine müssen ihre Entdeckerfunktion ausüben“
ADKV-Vorsitzende Meike Behm über Kunstvereine damals und heute
„Ein anderes Land betreten“
Gastkuratorin Stefanie Klingemann über die Cologne Art Book Fair – Literatur 07/18
Frühstück mit Eminem
Alex Da Corte und Walter Price im Kölnischen Kunstverein – Kunst 04/18
Splitter möglicher Geschichte
Andra Ursuta im Kölnischen Kunstverein – Kunst in NRW 09/14
Großes Kino
Nathalie Djurberg und Hans Berg im Kölnischen Kunstverein – kunst & gut 05/14
Parasitäre Kunsthandwerkschau
Kerstin Brätsch & DAS INSTITUT im Kölnischen Kunstverein - Kunstwandel 03/11
Plädoyer für die Kunst
Cornelius Quabeck in der artothek und Kerstin Brätsch im Kunstverein - Kunst in Köln 02/11
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23