Ten
Frankreich/Iran 2002, Laufzeit: 94 Min.
Regie: Abbas Kiarostami
Darsteller: Mania Akbari, Amin Maher
Die Lebenswelt einer Frau in Teheran spiegelt sich in Begegnungen mit ihrem Sohn und anderen Frauen. Ein Film in zehn Einstellungen und zehn Dialogen, der zunächst spröde erscheint, dann aber zunehmend mit seinen Charakterdarstellungen fesselt.Minimalistisches Filmexperiment, das eine erstaunliche Tiefe entfaltet.Die erste Einstellung dauert ca. eine Viertelstunde. Einige kaum spürbare Schnitte gibt es, aber trotzdem: gute 15 Minuten. Wir befinden uns in einem Auto. Die Kamera ist auf Höhe des Armaturenbretts angebracht. Von ihrer Position in der Mitte des Gefährts zeigt sie immer nur Fahrer oder Beifahrer (eine einzige Ausnahme gibt es: also aufgepasst!). In der ersten Szene ist der Beifahrer ein etwa zehnjähriger Junge, offensichtlich der Sohn der Fahrerin. Die beiden streiten sich. Und wie. So streiten sich nur Mütter und Söhne.Abbas Kiarostamis Film ist mehr experimentelle Anthropologie denn reine Geschichtenerzählerei. Der iranische Schriftsteller und Regisseur legt großen Wert auf die Vorarbeit zum Film, auf Recherche und Besetzung. Bis dahin steuert er sein Projekt. Was sich dann daraus ergibt ist situationsbedingt und meist nicht reproduzierbar. Genau das birgt die Spannung von Ten. Die unvollkommene Inszenierung überträgt sich und es entsteht eine Gefahr, die den Zuschauer beschäftigt, weil er merkt, dass ihr auch der Regisseur zum ersten Mal gegenüber steht. Man muss das nicht unbedingt authentisch nennen, eher frisch.Abgesehen davon, dass Hupen erste Bürgerpflicht in Teheran ist, erfahren wir über die Hauptdarstellerin (in den zehn Sequenzen ist sie immer gegenwärtig, lediglich die Beifahrerinnen abgesehen vom Sohn nur Frauen wechseln), dass sie ihr Leben außerhalb der Auseinandersetzungen mit ihrem Sohn sehr ruhig begeht. Eine Ruhe, die ohne näher bestimmt zu werden etwas Religiöses hat. Ist sie zum einen im Streit mit ihrem Sohn mindestens genauso unsachlich wie dieser, der lieber bei dem geschiedenen Vater leben will, ist sie zum anderen in der Art, mit der sie sich der Probleme ihrer Mitfahrerinnen annimmt sehr zärtlich. Ihr Interesse für die Gefühlslage einer Prostituierten, oder die Empathie für die Männerprobleme einer Freundin, verraten eine Weisheit, die das zentrale Element des Filmes ist.
(Götz Leineweber)
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