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Luna Papa
Deutschland/Österreich 1999, Laufzeit: 107 Min., FSK 0
Regie: Bakhtiar Khudojnazarov
Darsteller: Chulpan Khamatova, Moritz Bleibtreu, Merab Ninidze, Ato Mukhamedshanov, Nikolai Formenko

Eine Traumkulisse: wilde Berge, windgepeitschtes Meeresgestade, sengende Sonne. Irgendwo in Zentralasien klebt ein buntes, verwinkeltes Dorf auf dem Lehm am Seeufer. Doch nichts liegt hier im Dunkeln oder versteckt sich in schattigen Ecken. Gestikulierende, schreiende Menschen beleben das chaotiche Gewirr rund um die seltsamen Häuser. Kleider, Tücher, Sonnensegel flattern im Wind. Eine galoppierende Herde trampelnder Pferde rast durch die Gassen. Ein verbeulter Doppeldecker rattert über den Platz und berührt fast die Dächer. Keiner kümmert sich darum. Später wird eine Kuh aus diesem Flugzeug fallen. Sie stürzt direkt auf die wacklige Fähre, die den Weiler ab und zu anläuft, und reißt zwei Männer in den Tod, die im Leben von Mamlakat (Chulpan Khamatova) eine wichtige Rolle spielten. Sie will gerade Hochzeit feiern, doch nun ist sie ohne Bräutigam, und auch ihren geliebter Vater hat sie verloren. Nur Nasreddin (Moritz Bleibtreu), der geistig verwirrte Bruder, bleibt ihr als treuer Begleiter zur Seite. Eine Odyssee haben die beiden schon hinter sich. Ein Fremder, Mitglied einer fahrenden Schauspiel-Truppe, hatte das junge Mädchen am dunklen Strand verführt und geschwängert. So glaubt sie zumindest. Mamlakats Vater (Ato Mukhamedzhanov), ein prinzipientreuer, aufrechter Mann, Seele von Mensch und Berserker zugleich, packt die beiden in sein Auto und klappert die Theater in den umliegenden Provinzstädten ab, um den Missetäter zu finden. Der tuckernde Schlitten, ein Pick-up, irgendwo zwischen Moskwa und Oldsmobile, rast durchs wilde Usbekistan, über staubige Straßen und wüste Ebenen, in denen dem Trio riesige Dieselloks und patroullierende Freischärler-Tanks begegnen. Sie platzen in so manche schmachtende Aufführung, doch ohne Ergebnis. Als Ehemann für Mamlakat finden sie nur einen sympathischen Ganoven (Merab Ninidze), der sich in sie verliebt hat und sogar das Baby in ihrem wachsendem Bauch akzeptiert. Die Familienehre jedenfalls ist gerettet. Wenn da nicht dieses Flugzeug wäre und sein verrückter Pilot - alles hätte gut werden können. Ein Film wie ein Derwisch. Alle Elemente sind in ständiger Bewegung. Oft ist die Kamera auf einem fahrenden Kran, folgt den Objekten, sei es Menschen oder Maschinen, in rasender Fahrt. Inhalt und Stimmung der Geschichte erinnern an das Kino von Emir Kustorica, doch der 35-jährige usbekische Filmemacher Bakhtiar Khudojnazarov stellt dessen wilden Stil noch weit in den Schatten. Die atemberaubenden Bilder, der fantastische Realismus seines Stils überwältigen den Zuschauer. Man lässt sich bereitwillig in dieses Märchen entführen, das vom Dingen am Rande des Universums erzählt, von einem Land, dessen Existenz nur im Kino begründet ist, aber gleichzeitig so real wie die Legenden, die sich um Forscherreisen, uralte Handelsrouten und fremde Sitten und Gebräuche ranken - als würden sie aus ferner Zeit zu uns herüberklingen und mit allen Sinnen zu spüren sein.

(Heinz Holzapfel)

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