Jung & Schön
Frankreich, Belgien 2013, Laufzeit: 95 Min., FSK 16
Regie: François Ozon
Darsteller: Marine Vacth, Géraldine Pailhas, Frédéric Pierrot, Charlotte Rampling, Johan Leysen
>> www.jungundschoen-derfilm.de/
Ungewöhnliches Teenagerportrait
Geheimnisse
„Jung & schön“ von François Ozon
Isabelle (Marine Vacth) verbringt mit ihrer Familie den Urlaub am Meer. Kurz vor ihrem 17. Geburtstag macht sie am Strand ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit einem deutschen Jungen. Es geht alles ganz schnell: Romantisch ist das nicht, und Spaß macht es auch nicht. Isabelles Enttäuschung bleibt zunächst folgenlos. Doch als ein Mann dem hübschen Teenager vor der Schule ein eindeutiges Angebot macht, entspricht das nicht nur ihrer unromantischen Erfahrung mit Sex, es verspricht mit etwas Selbstüberwindung auch einen einträglichen Nebenverdienst. Doch das Geld ist nicht der Grund für Isabelles heimliche Arbeit als Prostituierte. Daran mangelt es in ihrer gutbürgerlichen Familie nicht. Was genau ihr Antrieb ist, weiß vielleicht nicht einmal sie selbst.
Das Thema, das François Ozon („Rückkehr ans Meer“, „Das Schmuckstück“) in seinem neuen Film angeht, schwebt seit einigen Jahren im Raum. Offenbarungsberichte Pariser Studentinnen in Artikeln und Büchern führten dazu, dass das Thema mittelgroß durch die Medien ging und es mitunter so klang, als prostituierten sich alle französischen und deutschen Studentinnen aus Not oder welchen Gründen auch immer. Die mediale Aufbereitung ist einerseits von feministischer Kritik geprägt, andererseits sicherlich von Männerfantasien befeuert. Natürlich landete das Thema auch irgendwann im Kino: Vor zwei Jahren recherchierte Juliette Binoche als Journalistin in „Das bessere Leben“ über Pariser Studentinnen, die aus Not als Prostituierte jobben. In diesem Monat wird die Promiskuität in dem niederländischen Film „Hemel“ mit einer ebenso hübschen wie zarten Darstellerin wie in „Jung & schön“ als psychologischer Defekt behandelt.
Im Gegensatz zu „Das bessere Leben“ und „Hemel“ handelt es sich beim Regisseur von „Jung & schön“ um einen Mann. Steht damit direkt schon der Generalverdacht der Männerfantasie und des Voyeurismus im Raum? Das sollte man sicher vom Film, und nicht vom Geschlecht des Regisseurs abhängig machen. Man findet hier zwar einige angedeutete Sex- und Nacktszenen, aber voyeuristisch könnte man die nur nennen, wenn sie nichts zur Geschichte beitrügen, nichts über die Figuren erzählten. Doch das ist stets der Fall und sollte bei einem Regisseur wie Ozon auch nicht verwundern. Schließlich gilt er wegen Filmen wie „Unter dem Sand“ oder „8 Frauen“, auch wenn letzterer eher in die Kategorie Komödie fällt, als einfühlsamer Beobachter von Frauenfiguren. Auch „Jung & schön“ ist in der Betrachtung der Hauptfigur und ihrer Entscheidungen unspektakulär, aber genau in der Beobachtung. Und doch lässt er der Figur alle ihre Geheimnisse. Das Ende des Films nicht nur sehr schön, sondern in seiner Poesie und Zurückhaltung wiederum ausgesprochen einfühlsam. Und Einfühlsamkeit ist nun wirklich das Gegenteil von Sexismus oder Voyeurismus.
(Christian Meyer)

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